Umgang mit depressiven Menschen: Hilfe für Angehörige

Umgang mit depressiven Menschen: Hilfe für Angehörige

An einer Depression zu erkranken ist nicht nur für die direkt Betroffenen ein schwerer Einschnitt in ihr Leben. Auch auf Sie als Angehörige, als Partner:in oder Freund:in hat die Depression im Alltag einen großen Einfluss. Wie gehen Sie damit um? Wo können Sie helfen, wie unterstützen? Und wie können Sie sich selbst schützen? Hier erfahren Sie mehr zu diesen Fragen.

Wie gehe ich mit depressiven Menschen um?

Wenn Sie die Vermutung haben, dass ein Ihnen nahestehender Mensch an einer Depression leidet, sollten Sie ihn behutsam darauf ansprechen und Ihre Unterstützung anbieten. Nicht selten entwickeln depressive Menschen Schuldgefühle, können nicht über ihre Beschwerden sprechen und ziehen sich zurück. Häufig sind die Betroffenen dankbar, wenn sie auf ihr verändertes Verhalten angesprochen werden. Beschreiben Sie vorsichtig, welche Symptome Ihnen aufgefallen sind und fragen Sie, was sie gemeinsam tun können. Zeigen Sie, dass Sie für die betroffene Person da sind, bieten Sie das Gespräch an, ohne zu drängen und signalisieren Sie Verständnis. Je ausführlicher Sie über die Erkrankung und ihre Symptome informiert sind, umso besser können Sie unterstützen und der Umgang mit den Betroffenen wird leichter.[1]

Machen Sie sich immer bewusst, dass depressive Erkrankungen heute gut therapierbar sind. Versuchen Sie deshalb, den:die Betroffene:n zu einer ärztlichen Behandlung zu bewegen. Bestärken Sie Eigeninitiative, aber seien Sie vorsichtig mit gut gemeinten Ratschlägen.

Sie können den:die Erkrankte:n durch Folgendes unterstützen:

  • da sein – zuhören
  • Hilfe leisten – Struktur geben
  • entlasten – Aufgaben übernehmen


Denken Sie auch an sich selbst!

Denken Sie bei der Unterstützung der Betroffenen auch daran, auf Ihre eigene Gesundheit und die der restlichen Familie zu achten. Sie können Hilfe zur Selbsthilfe leisten, aber vergessen Sie dabei nicht, dass Sie ein Recht auf ein eigenes Leben haben. Fühlen Sie sich überlastet oder mit der Situation überfordert? Dann lassen Sie sich ärztlich oder psychotherapeutisch beraten. Außerdem kann es ratsam sein, sich mit anderen Angehörigen auszutauschen, die ebenfalls Erfahrungen mit Betroffenen gemacht haben.[2]

Angehörige belastet die Erkrankung ebenfalls stark und Selbsthilfegruppen können somit auch für Sie eine wertvolle Stütze sein. Ein guter Startpunkt für die Suche in Ihrer Nähe ist nakos.de.


Frau mit Depression spricht mit ihrer Therapeutin über ihre Krankheit

Handeln bei Suizidgedanken

Wenn der:die Betroffene konkrete Suizidgedanken äußert, sollte gehandelt werden. Rufen sie unter Umständen den Rettungsdienst mit der 112 oder eine:n Arzt oder Ärztin. Im Notfall können hochgefährdete Personen auch gegen ihren Willen in eine Klinik eingewiesen werden.[3]

Warnzeichen

Scham, Verzweiflung, Ausweglosigkeit und die vermeintliche Sinnlosigkeit von allem, diese düsteren, lähmenden Gedanken machen dem:der Erkrankten das Leben zur Qual. Als einzigen Ausweg sehen sie nicht selten den Suizid.

Ein Warnzeichen ist der immer stärkere Rückzug. Aber auch eine lockere, ruhige Stimmung nach vorangegangenem Rückzug kann bedenklich sein: Haben Betroffene ihre Entscheidung getroffen und ihre Angelegenheiten in Ordnung gebracht, fühlen sie sich erleichtert. In diesem Zusammenhang ist es auch möglich, dass sie ihren Besitz verschenken und sich von Freund:innen und Angehörigen verabschieden.

Des Weiteren kann es vorkommen, dass Betroffene ihr Vorhaben mehr oder weniger direkt ankündigen:

  • „Ich will nicht mehr.“
  • „Ich kann so nicht weitermachen.“
  • „Das Leben hat für mich keinen Sinn.“
  • „Wenn das nicht anders wird, passiert etwas.“

Haben Sie den Verdacht, dass jemand gefährdet ist, sollten Sie nicht zögern und schnellstmöglich Hilfe einschalten. Sprechen Sie den:die Betroffene:n nüchtern und sachlich auf Suizid an. Die Sorge ihn:sie erst auf den Gedanken zu bringen, ist unbegründet. Im Gegenteil: Das Gespräch kann eine Erleichterung bedeuten.

Hilfestellung nach der Diagnose

Mit der Diagnose wird die Zurückgezogenheit der Betroffenen hoffentlich ein Ende haben. In der Phase, die nun folgt, können Angehörige von großer Hilfe sein, indem sie für die Betroffenen da sind und volles Verständnis für die Symptome der Erkrankung zeigen. Gelegentlich können sie die Betroffenen vorsichtig fragen, ob sie zum Beispiel Lust auf eine gemeinsame Unternehmung haben, um sie aus ihrer Freudlosigkeit ein wenig herauszuziehen. Vielleicht kommen die Betroffenen sogar bald selbst auf sie zu. In dem Fall sollten Sie selbstverständlich Zeit für sie haben, damit sich der:die Betroffene nicht wieder zurückzieht.

Mit der Diagnose wird die Zurückgezogenheit der Betroffenen hoffentlich ein Ende haben. - Initiative #GemeinsamGegenDepression

Tipp:
Begleiten Sie den:die Betroffene:n zu Arztterminen. Das bietet den Betroffenen Unterstützung und Rückhalt. Seien Sie während des Gesprächs aufmerksam: Vier Ohren hören mehr als zwei.

Fortschritte während der Therapie

Erwarten Sie keine Wunder und seien Sie verständnisvoll. Die Behandlung einer Depression braucht ihre Zeit und erfordert Geduld. Allerdings gibt es zahlreiche Dinge, die den Fortschritt unterstützen und Rückfällen vorbeugen können. Als Angehörige können Sie sich hier gut einbringen: Indem Sie möglichst vorurteilsfrei und geduldig sind, der betroffenen Person zuhören, ohne Ratschläge zu erteilen oder gar Vorwürfe zu machen und vor allem einfach für sie da sind. Außerdem können Sie den:die Betroffene:n zur Therapiesitzungen begleiten oder sie:ihn behutsam an die Medikamenteneinnahme erinnern. Ihre Gesellschaft wird besonders hilfreich sein, wenn gemeinschaftliche Unternehmungen wie gemeinsames Kochen sowie Spaziergänge und sportliche Aktivitäten wieder häufiger anstehen.[1][4]

Freuen Sie sich mit und bleiben Sie gelassen

Das Überwinden einer Depression stellt eine enorme Herausforderung dar – für die Betroffenen wie für die Angehörigen. Mit der Therapie werden die Betroffenen viele Fortschritte machen, die Ihnen neuen Mut geben. Freuen Sie sich mit, über wiedererlangte Leichtigkeit und Helligkeit. Das stärkt nicht nur den/die Betroffene, sondern wird auch Ihnen guttun.

Aber zwischenmenschliche Beziehungen können auch für Konfliktpotenzial sorgen – ist eine Depression im Spiel, ist dieses noch einmal erhöht. Bleiben Sie gelassen. Will der oder die Betroffene nicht über etwas Bestimmtes reden, dann drängen und überlasten Sie ihn:sie nicht. Ihre Bereitschaft für Gespräche reicht aus.

Weitere Unterstützungsmöglichkeiten[5][6]

  • Informieren Sie sich: Eine Depression ist eine komplexe Krankheit mit vielen möglichen Ursachen und Ausprägungen. Sind Sie gut informiert, können Sie Ihre:n Partner:in besser verstehen. Viele Betroffenen vermissen tieferes Verständnis für ihre Situation.
  • Sie sind kein:e Therapeut:in: Expert:innen begleiten Ihre:n Partner:in mit professionellen Gesprächen und bei medizinisch-therapeutischen Entscheidungen. Das ist nicht Ihre Aufgabe. Sie können unterstützen, zuhören und für ihn:sie da sein, aber für mehr sind Sie durch ihre Beziehung selbst zu stark befangen. Wenn Sie Schuldgefühle oder Gefühle haben wie Wut, Traurigkeit, Enttäuschung, Angst oder Ohnmacht ist das völlig natürlich und Sie dürfen diese Gefühle auch zulassen und zeigen. Wenn Sie Gefühle unterdrücken, kann das die Beziehung noch weiter belasten, weil der:die Partner:in wahrnimmt, dass mit Ihnen etwas nicht stimmt. So kann es zu Missverständnissen kommen.
  • Geben Sie keine gut gemeinten Ratschläge:
    Ein offenes Ohr oder eine innige Umarmung helfen Ihrem:Ihrer Partner:in viel mehr.
  • Vermeiden Sie Schuldzuweisungen: Eine Depression kann jeden treffen, daher sollten Diskussionen darüber unbedingt vermieden werden.
  • Seien Sie aufmerksam: Sie kennen Ihren:Ihre Partner:in am besten, können Veränderungen der Stimmungslage früh bemerken und gegebenenfalls Hilfe anbieten. Wenn er:sie über Gefühle spricht, sollten Sie daher aufmerksam zuhören.
  • Erleichtern Sie Entscheidungen: Selbst kleine, gar unwichtige Entscheidungen oder solche die für Sie eindeutig sind, fallen Menschen während einer Depression schwer. Zeigen sie auf, welche Optionen es gibt und geben sie Entscheidungshilfe.
  • Bevormunden Sie Ihre:n Partner nicht:
    Entscheidungshilfen geben ist eine Sache – allerdings möchte niemand bevormundet werden. Mit ein bisschen Achtsamkeit werden Sie sicher den manchmal schmalen Grat manövrieren lernen.
  • Achten Sie auf sich: Bei aller Aufmerksamkeit, die Sie Ihrem:Ihrer Partner:in schenken, sollten Sie dabei nicht Ihre eigenen Gefühle, Wünsche und Bedürfnisse aus den Augen verlieren. Momente des Rückzugs oder der Geselligkeit können dabei helfen. Eine weitere Möglichkeit sind Selbsthilfegruppen für Angehörige in denen Menschen mit ähnlichen Sorgen miteinander reden.

Motivation zu mehr Sport und Bewegung

Sie können Ihre:n Angehörige:n oder Ihre:n Freund:in mit Depressionen gut bei der Motivation zur Bewegung unterstützen, indem

  • Sie gemeinsam Sport treiben. Das kann bedeuten, dass Sie sich beispielsweise gemeinsam einer Sportgruppe anschließen oder auch zusammen zügig Spazierengehen.
  • Sie Ihre:n Angehörige:n bei der Suche nach der richtigen Sportart und der richtigen Gruppe unterstützen.
  • Sie dabei helfen zu motivieren und gleichzeitig darauf achten, dass die Ziele nicht zu hoch gesteckt werden.

Materialien zum Download

1 | Was ist eine Depression?

Eine Depression verändert nicht nur das Leben der unmittelbar Betroffenen – es beeinflusst auch das Leben der Eltern, Kinder, Geschwister, Partner:innen, der Arbeitskolleg:innen und des Freundeskreises. Sie alle sind in dieser Zeit ein wichtiger Ankerpunkt. Sie können unterstützen, sollten sich selbst jedoch nicht aus den Augen verlieren.

2 | Umgang mit einer Depression

Im Gegensatz zu einer Erkältung, die man seinem:seiner Partner:in oder Angehörigen vermutlich ansehen würde, gibt es bei einer Depression keine eindeutigen Anzeichen, die so leicht zu deuten sind. Eine Depression äußert sich durch zahlreiche Symptome, die sich über einen längeren Zeitraum ankündigen und über Monate anhalten können.

3 | Emotionale Belastung bei einer Depression

Je näher man dem:der Betroffenen steht, desto stärker werden die Veränderungen spürbar, die die Erkrankung mit sich bringt, denn: Wir leben alle in einem sozialen Gefüge aus Familie, Freund:innen, Bekannten oder Arbeitskolleg:innen. Auf alle Beteiligten kann eine Depression über die wechselseitigen Beziehungen großen Einfluss haben.

4 | Kraft behalten bei einer Depression

Die Fürsorge für einen depressiv erkrankten Menschen kostet Kraft. Diese Energie können Sie nur aufbringen, wenn Sie regelmäßig auch etwas für sich selbst tun. Denn damit bauen Sie Ihre eigenen Kraftreserven wieder auf und können den Alltag mit einer positiven Grundstimmung meistern.

5 | Leben mit einer Depression

Ein wichtiger Schritt ist geschafft. Ihr:e Angehörige:r, Partner: in oder Freund:in lässt sich gegen eine Depression behandeln. Ob ambulante Psychotherapie, stationärer Klinikaufenthalt oder eine Kombination aus mehreren Therapieoptionen: Ein unterstützendes Umfeld ist eine wichtige Hilfe auf dem Weg aus einer Depression.

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Referenzen

Deutsches Krebsforschungszentrum in der Helmholtz-Gemeinschaft (dkfz): Psychische Faktoren als Ursache für Krebs - was hält die Bevölkerung von dieser Theorie? (Stand 29.08.2017). Abrufbar unter: https://www.dkfz.de/de/presse/pressemitteilungen/2017/dkfz-pm-17-43-Psychische-Faktoren-als-Ursache-fuer-Krebs.php. Letzter Zugriff am 15.07.2022
Onko Internetportal: Professionelle psychologische Betreuung bei einer Krebserkrankung (Stand: 23.08.2018). Abrufbar unter: https://www.krebsgesellschaft.de/onko-internetportal/basis-informationen-krebs/krebs-und-psyche/professionelle-psychologische-betreuung-bei-einer-krebserkrankung.html. Letzter Zugriff am 17.12.2019
Bericht zum Krebsgeschehen in Deutschland, Zentrum für Krebsregisterdaten im Robert Koch-Institut für 2017/2018, Robert Koch-Institut (Hrsg). Berlin, 2021. Abrufbar unter: https://www.krebsdaten.de/Krebs/DE/Content/Publikationen/Krebs_in_Deutschland/kid_2021/krebs_in_deutschland_2021.pdf?__blob=publicationFile. Letzter Zugriff am 15.07.2022
Leitlinienprogramm Onkologie (AWMF, Deutsche Krebsgesellschaft e. V., Stiftung Deutsche Krebshilfe): Patientenleitlinie – Psychoonkologie, Psychosoziale Unterstützung für Krebspatienten und Angehörige. Berlin, 2016. Abrufbar unter https://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/032-051OL.html. Letzter Zugriff am 17.12.2019
Schulz H et al.: Psychoonkologische Versorgung in Deutschland: Bundesweite Bestandsaufnahme und Analyse, Wissenschaftliches Gutachten im Auftrag des Bundesministeriums für Gesundheit (2018). Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (Hrsg). Abrufbar unter: https://www.bundesgesundheitsministerium.de/fileadmin/Dateien/5_Publikationen/Gesundheit/Berichte/PsoViD_Gutachten_BMG_19_02_14_gender.pdf. Letzter Zugriff am 17.12.2019
Starostzik C: Depressionen, Mythos Krebsrisiko? Ärzte Zeitung Online (Hrsg). Veröffentlicht am: 04.11.2013. Abrufbar unter: https://www.aerztezeitung.de/Medizin/Mythos-Krebsrisiko-268337.html. Letzter Zugriff am 17.12.2019.
Deutsches Krebsforschungszentrum in der Helmholtz-Gemeinschaft (dkfz): Psychische Einflüsse auf die Krebsentstehung. Gibt es die Krebspersönlichkeit? Macht Unglück krank? (Stand: 02.10.2019). Abrufbar unter: https://www.krebsinformationsdienst.de/vorbeugung/risiken/psyche-und-krebsrisiko.php#inhalt3. Letzter Zugriff am 17.12.2019.
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