Folge #5 – Die beste Screening-Taktik

Weniger ist mehr – wenn es um Überdiagnostik geht

Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer, ich freue mich, Sie zu einer neuen TACHELES-Folge, dem Podcast der Initiative „Deine Manndeckung“ der Janssen-Cilag GmbH, zu begrüßen. Mein Name ist Stefan Machtens. Ich bin Facharzt für Urologie und seit 16 Jahren Chefarzt der Urologie an den GFO Kliniken Rhein-Berg am Standort Marien-Krankenhaus in Bergisch Gladbach.

Heute geht es darum, wie überflüssige Untersuchungen bei der Prostatakrebsfrüherkennung vermieden werden können, ohne dass klinisch signifikanter Prostatakrebs dabei übersehen wird. Diese sogenannte Überdiagnostik spielt gerade im Bereich des PSA-Wertes beim Prostatakarzinom eine Rolle. Dabei ist der PSA-Wert richtig eingesetzt ein wichtiges Tool in der Prostatakrebsdiagnostik.

Formen der Prostatakrebsfrüherkennung

Was ist der Unterschied zwischen Früherkennung, die jedes Jahr durchgeführt wird, und risikoadaptiertem Screening?

Die Früherkennung, das sogenannte opportunistische Screening, entspricht der heutigen Realität bei der Prostatakrebsvorsorge. Männer begeben sich nicht organisiert, sondern meist anlassbezogen aufgrund von Beschwerden beim Wasserlassen in die Untersuchung durch ihren Hausarzt oder Urologen. Diese Vorgehensweise führte allerdings nicht zu weniger Sterbefällen durch Prostatakrebs, wie epidemiologische Untersuchungen der letzten Jahre zeigten.

Beim risikoadaptierten Screening handelt es sich dagegen um einen zentral organisierten Vorgang: Männer aus einer vorbestimmten Risikogruppe in einem bestimmten Alter aus einer spezifischen geografischen Region werden aktiv zu einer Früherkennungsuntersuchung aufgefordert und systematisch nachverfolgt. Es werden also vor allem die Männer untersucht, bei denen die Wahrscheinlichkeit auf einen positiven Fund mit klinischer Signifikanz am höchsten ist.

Langfristig überzeugend: Prostatakrebs-Screening in Zahlen

Gibt es Hinweise für die Überlegenheit des risikoadaptierten Screenings gegenüber den jährlichen Früherkennungsuntersuchungen? Um zu entscheiden, welche Strategie „besser“ ist, lohnt sich ein Blick auf die Anzahl der auf Prostatakrebs zurückzuführenden Sterbefälle. Große Screening-Studien, unter anderem aus den Regionen Rotterdam, Göteborg und Stockholm, fassten Daten der letzten 20 Jahre zusammen und zeigten, dass mithilfe des risikoadaptierten Screenings die durch Prostatakrebs verursachten Todesfälle um 30 % gesenkt werden konnten. Es hat sich gezeigt, dass im Langzeitverlauf nur noch etwa 200 Männer gescreent werden müssen, um einen prostatakarzinomabhängigen Tod zu vermeiden. Das ist vergleichbar mit anderen Screening-Programmen, wie beispielsweise bei Brust- oder Darmkrebs. Damit hat sich durch die Langzeitergebnisse dieser Studien gezeigt, dass ein erfolgreiches Screening-Programm beim Prostatakarzinom zu vergleichbaren Konditionen möglich ist wie bei fest etablierten Programmen, zum Beispiel zum Brust- oder Darmkrebs-Screening.

Der Ablauf beim risikoadaptierten Screening

Wie kann das Konzept eines risikoadaptierten Screenings aussehen, um eine Überdiagnostik zu verhindern?

Das risikoadaptierte Screening startet im Alter von 40 bis 45 Jahren mit einer Basisuntersuchung. Hier wird im Blut der sogenannte PSA-Wert bestimmt. Mithilfe dieses PSA-Wertes können dann patientenspezifische Screening-Intervalle festgelegt werden. Bei Ausgangs-PSA-Werten, die kleiner sind als 1 ng/ml, stellen lange Intervalle von fünf Jahren oder länger kein Risiko für das Übersehen von signifikantem Prostatakrebs dar und sind deshalb üblich. Auch die Beendigung der Untersuchung bei Patienten über 70 Jahren bei diesem PSA-Wert stellt kein Risiko dar. Ist der PSA-Ausgangswert aber erhöht, wird zusätzlich noch die PSA-Dichte, also der Quotient aus PSA-Wert und Prostatagröße, bei der Bestimmung des Screening-Intervalls hinzugezogen. Bei einem erhöhten Quotienten oberhalb von 0,15 sollte mit genaueren Untersuchungen fortgefahren werden.

Fazit – Perspektiven, Potenzial und was noch zu beachten ist

Ist die Patientensicherheit bei risikoadaptiertem Screening gewährleistet? Langzeitergebnisse von Studien deuten darauf hin, dass kein Risiko besteht, dass ein klinisch signifikanter Prostatakrebs übersehen wird. Das risikoadaptierte Screening muss dann allerdings auch begleitet werden durch eine konsequente Umsetzung des Konzeptes der „aktiven Überwachung“ bei Patienten, bei denen ein klinisch wenig relevanter Prostatakrebs diagnostiziert wird. Denn sonst besteht das Risiko, dass Patienten durch Übertherapie statt durch Überdiagnostik, zum Beispiel durch Prostatabiopsie, gefährdet werden. Ähnlich wie Überdiagnostik kann Übertherapie negative ethische und ökonomische Folgen haben und sollte daher ebenfalls vermieden werden

In dieser Folge haben wir darüber gesprochen, wie mit dem risikoadaptierten Screening eine Überdiagnostik vermieden werden kann, ohne die Gefahr, einen signifikanten Prostatakrebs zu übersehen. Ich hoffe, ich konnte Ihnen die Vorteile eines risikoadaptierten Screenings verständlich erläutern. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit und bleiben Sie gesund.

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