Folge #4 – 1:0 für Früherkennung

Wie geht es eigentlich Angehörigen von Prostatakrebspatienten?

Moderator Lars Schmidtke: Liebe Zuhörerinnen, liebe Zuhörer, liebe Podcast-Fans, in unserer heutigen Folge wird wieder TACHELES geredet. Mein Name ist Lars Schmidtke und vielleicht kennen Sie mich ja schon aus der Podcast-Reihe "Mein Krebsratgeber zum Hören". Ich freue mich, mit meinen Gästen TACHELES zu reden: Offen und ehrlich über das Thema Prostatakrebsfrüherkennung. Und in dieser Folge geht es darum, wie es eigentlich Angehörigen geht, wenn ein direktes Familienmitglied, der Bruder, der Vater, der Schwager oder der Partner die Diagnose Prostatakrebs erhält. Zu dieser Thematik haben wir heute Frau Brigitte Kleinen eingeladen, denn ihr Lebensgefährte hat vor circa sieben Monaten die Diagnose Prostatakrebs erhalten. Ja, liebe Brigitte, schön, dass Sie mit dabei sind. Ich freue mich sehr, Sie heute bei TACHELES, dem Podcast der Initiative Deine Manndeckung von Janssen Deutschland begrüßen zu dürfen. Und ich würde Sie jetzt mal bitten, sich einmal kurz vorzustellen.

Brigitte Kleinen stellt sich vor

Brigitte Kleinen: Ja, hallo, mein Name ist Brigitte Kleinen. Ich bin 59 Jahre alt, komme aus Duisburg, aus dem schönen Duisburg im Ruhrpott, und bin seit über 15 Jahren mit meinem Lebenspartner zusammen. Wir wohnen auch zusammen und ja, wie ich bereits erwähnt hatte, hat er letztes Jahr die schlimme Diagnose Prostatakrebs erhalten.

Moderator Lars Schmidtke: Aber 15 Jahre ist ja schon eine schöne Zeit. Das heißt, Sie kennen Ihren Partner schon sehr genau?

Brigitte Kleinen: Ja, würde ich mal so sagen, doch.

Wie es zur Diagnose Prostatakrebs kam

Moderator Lars Schmidtke: Also, Brigitte, wie Sie schon gesagt haben, Ihr Lebensgefährte hat die Diagnose Prostatakrebs erhalten. Und jetzt bin ich total neugierig und frage mich, wie hat Ihr Partner von der Diagnose erfahren? Also hat er sie zufällig bekommen oder war es im Rahmen einer Früherkennung?

Brigitte Kleinen: Ja, es war schon im Rahmen einer Früherkennung. Das war letztes Jahr im Februar und eigentlich war alles erst gut. Die normale Abtastuntersuchung und auch der Ultraschall waren in Ordnung, nur der PSA-Wert war viel zu hoch und da wollte der Arzt nochmal nachhaken und dann einen zweiten PSA-Test nochmal vornehmen und da nahm die Sache dann ihren Lauf. Der war dann nochmal hoch und dann kamen die ganzen Untersuchungen.

Moderator Lars Schmidtke: Er hat dann quasi die Diagnose erhalten. Aber Sie, wann haben Sie von seiner Erkrankung erfahren? Also hat er es Ihnen selbst erzählt?

Brigitte Kleinen: Ja, also wir waren eigentlich ständig im Gespräch. Wobei die eigentliche Diagnose hat er dann erst später erhalten, nachdem dann ein CT und MRT gemacht wurden und dann eine Biopsie. Und nach der Biopsie war dann erst hundertprozentig klar, dass es Krebs in der Prostata ist. Und da haben wir natürlich auch direkt drüber gesprochen. Wir sprechen sehr viel miteinander, verstehen uns gut und da kam die Info direkt von ihm. Ja, das war auch gut so!

Moderator Lars Schmidtke: Okay, also da sind jetzt nicht irgendwie Wochen oder Monate vergangen, sondern das war total offen. Lag es auf dem Tisch?

Brigitte Kleinen: Es lag offen auf dem Tisch.

Der Tag der Wahrheit

Moderator Lars Schmidtke: Was waren dann Ihre ersten Gedanken? Also, wie haben Sie sich gefühlt?

Brigitte Kleinen: Man war schon geschockt und man hatte Angst, man – hilflos fühlte man sich halt. Und eigentlich die ganz große Angst vor allem, was dann kommt. Mit OP und und und.

Moderator Lars Schmidtke: Also Ihr Partner hat ja gar nicht lange gewartet und hat Ihnen ja direkt von der Diagnose erzählt. Fiel es ihm schwer, Ihnen davon zu erzählen?

Brigitte Kleinen: Erst nicht. Also die erste Zeit eigentlich nicht. Aber dann war ja noch lange nicht klar, ob der Krebs eventuell gestreut hat und dann gar keine OP gekommen wäre. Und das war eigentlich echt die schwierigste Zeit. Und da habe ich dann wirklich gemerkt, dass er sich immer mehr in sich zurückzieht und auch gar nicht so viel darauf angesprochen werden will. Wir haben dann immer ganz viel gemacht, um einfach so diese Zeit zu überbrücken.

Die Zeit vor der Operation

Moderator Lars Schmidtke: Was war das für ein Zeitraum insgesamt, Frau Kleinen?

Brigitte Kleinen: Ja, die eigentliche OP war dann erst im Oktober. Also das war schon ein sehr, sehr langer Zeitraum und das zieht sich unendlich. Also diese Sache, dass es eventuell gestreut hat, das hat glaube ich so vier Wochen gedauert, bis dann dieses PET-CT kam und es dann ausgeschlossen wurde und dass er dann gesagt bekommen hat: Jetzt kann doch eine OP stattfinden und wahrscheinlich kann er dann auch komplett geheilt werden und es kann alles rausgeholt werden. Also das war dann noch nicht ganz hundertprozentig klar, aber zumindest war vorher ja gar nicht bekannt, ob noch was zu machen ist oder ob nur medikamentös-palliativ behandelt werden kann. Das war eine ganz, ganz schwierige Zeit, ja.

Moderator Lars Schmidtke: Wie haben Sie dann darauf reagiert in dieser Zeit? Was haben Sie gemacht?

Brigitte Kleinen: Viel geweint, nicht unbedingt immer vor ihm, aber natürlich auch, obwohl ich gar nicht der Mensch bin, der so viel weint. Aber wir haben immer versucht, dann doch irgendwie zu sprechen und wir haben halt auch versucht, die Zeit mit schönen Dingen zu füllen. Also, wir haben einen Hund und haben in der Zeit viele Ausflüge gemacht. Es ging ihm ja auch noch gut, er hatte ja keine Beschwerden bis dato.

Umgang mit der Angst

Moderator Lars Schmidtke: Hatten Sie Angst ihn zu verlieren?

Brigitte Kleinen: Ja. Massive Angst, ihn zu verlieren – ganz doll. Das war mit unter das Schlimmste. Auch die Angst, dann alleine zu sein, so zurückgelassen zu werden.

Moderator Lars Schmidtke: Also eine eher schwere Zeit für Sie beide?

Brigitte Kleinen: Ja, definitiv. Und dann kam halt diese Entwarnung vom Arzt, dass er operiert werden kann und es wahrscheinlich nicht gestreut hat. Das hat ihn fast umgehauen. Und mancher Mann würde dann in die Wolken springen. Aber er ist fast ohnmächtig geworden, obwohl er eigentlich sonst nicht so zart besaitet ist.

Moderator Lars Schmidtke: Und da waren Sie mit dabei?

Brigitte Kleinen: Ja, wir waren gerade am Spaziergang und dann kam der Anruf. Das war dann schon toll. Und dann haben wir nur noch gesagt: Eigentlich ist es ja dann nur Prostatakrebs, also keine Metastasen. So kann sich das dann ändern.

Unterstützung und Halt in der Beziehung

Moderator Lars Schmidtke: Konnten Sie in dieser schweren Zeit, also dieser ungewissen Phase, Ihrem Partner da trotz allem irgendwie zur Seite stehen? Und wenn ja, wie haben Sie das gemacht?

Brigitte Kleinen: Ja, ihm eigentlich immer das Gefühl zu geben, dass man für ihn da ist. Ich hoffe, das habe ich auch geschafft. Und ja, noch vielleicht intensiver miteinander reden. Wenn’s denn geht, wenn der andere das auch möchte – und da muss man schon so ein Feingefühl entwickeln.

Moderator Lars Schmidtke: Aber Sie haben ihn begleitet. Also, weiß nicht, zum Beispiel zum Arzt gefahren?

Brigitte Kleinen: Genau, genau. Ich habe auch viel organisiert und zur OP habe ihn hingebracht mit einer Freundin zusammen, weil ich selber so nervös war. Und anschließend in die Reha und auch vorher habe ich auch recht viel herausgefunden, recherchiert, wo man besonders gut behandelt werden kann. Das ist ja nicht überall gleich gut, muss man ja ganz klar sagen.

Moderator Lars Schmidtke: Wie ich es raushöre, waren Sie also quasi aktiv dabei – die ganze Zeit?

Brigitte Kleinen: Ja, ja. Ja.

Tipps für andere Prostatakrebs-Angehörige

Moderator Lars Schmidtke: Und was würden Sie so im Nachhinein sagen? Was würden Sie anderen Angehörigen raten, um Betroffene bestmöglich zu unterstützen?

Brigitte Kleinen: Im Prinzip da zu sein und das, was ich vorhin schon sagte: Wirklich auch versuchen, den Fokus nicht nur auf dem Krebs zu lassen, sondern auch den Fokus mal wieder auf den Alltag, auf das Leben zu richten. So gut es geht, sich abzulenken, etwas anderes zu tun, den anderen zu motivieren. Das war bei meinem Partner zum Glück nicht so schwer, weil er eigentlich ganz gut drauf war.

Schöne Aktivitäten für Menschen mit Prostatakrebs

Moderator Lars Schmidtke: Was haben Sie gemacht? Haben Sie viel gekocht, gebastelt?

Brigitte Kleinen: Ja, ja wir kochen sowieso gerne zusammen und dann noch mehr. Zu Corona-Zeiten kocht man eh viel zu Hause. Ja, ja, wir haben schon eine Menge gemacht. Und wir spielen halt sehr gerne. Wir haben Freunde, die auch gerne spielen und dann haben wir ganz viele Spieleabende gemacht und auch viel gelacht. Das ist auch schön, wenn man einfach mal nicht daran denkt.

Moderator Lars Schmidtke: Und was spielen Sie da? Was haben Sie da so gespielt? Würfelspiele?

Brigitte Kleinen: Unser Lieblingsspiel mit unseren Freunden, das spielen wir schon Jahrzehnte, ist Activity. Sachen erklären, pantomimisch darstellen. Ja, ja und natürlich andere. Wir machen auch gern so Detektivspiele und wenn man so Sachen erraten muss, also schon ganz nett. Viele Sachen.

Moderator Lars Schmidtke: Ganz weit weg vom Thema.

Brigitte Kleinen: Ganz, ganz weit weg vom Thema. Ganz wichtig auch für mich war es, einfach mal ja lachen zu können.

Moderator Lars Schmidtke: Es rauszulassen.

Brigitte Kleinen: Genau, es raus zu lassen.

Wie die Diagnose die Beziehung verändert

Moderator Lars Schmidtke: Hat sich in dieser Zeit etwas zwischen Ihnen und Ihrem Lebensgefährten verändert und wenn ja, was? Und wie geht es Ihnen beiden jetzt damit?

Brigitte Kleinen: Uns geht es jetzt eigentlich wieder sehr gut. Und verändert hat sich eigentlich, dass wir wie immer oder noch mehr miteinander lachen. Dass die Zeit intensiver zu schätzen wissen, also intensiver erleben und auch zu schätzen wissen, dass wir sie haben und hoffentlich auch noch ganz viel Zeit füreinander und miteinander haben. Und wir reden wieder intensiver, noch intensiver miteinander. Es gibt ja immer wieder Zeiten, wo man einfach nur über alltägliche Dinge spricht, aber jetzt ...

Moderator Lars Schmidtke: Gibt es da so einen klaren Unterschied, also zwischen diesem Leben vor der Diagnose und nach der Diagnose? Was, was hat sich in dieser Zeit verändert? Sind Sie da näher zusammengerückt?

Brigitte Kleinen: Ja, würde ich schon sagen. Also es gibt jetzt nicht den ganz klaren Schnitt, denn der Alltag hat einen ja dann zum Glück auch recht schnell wieder. Mein Partner arbeitet ja jetzt auch wieder. Aber schon, dass einem das immer wieder bewusst wird, dass immer was passieren kann –und das man das dann intensiv versucht, zu nutzen, also die Zeit, die man hat.

Moderator Lars Schmidtke: Sie gehen da nett miteinander um.

Brigitte Kleinen: Ja, ja, wir haben ein sehr gutes Verhältnis.

Moderator Lars Schmidtke: Sie haben sich so neu entdeckt in Ihrer Partnerschaft, in dieser intensiven Zeit. Kann man das so sagen?

Brigitte Kleinen: Ja, irgendwie schon. Ja, nicht ganz neu, aber schon wieder anders. Wobei, das ist ja neu – stimmt.

Nachträgliche Gedanken zur Vorsorge und Früherkennung

Moderator Lars Schmidtke: Jetzt frage ich mich: Fanden Sie für sich das Thema Früherkennung schon immer wichtig, oder hat sich durch Ihre persönliche Erfahrung Ihre Meinung dazu verändert?

Brigitte Kleinen: Also ich fand es immer schon wichtig, weil ich selber auch immer regelmäßig gegangen bin. Als Frau geht man halt hin, weil man ja auch irgendwann mal zur Verhütung die Pille braucht oder eine andere Verhütungsform und dann wird ja auch meistens diese Vorsorgeuntersuchung gemacht und ich fand es immer schon wichtig. Und ich habe meinen Lebenspartner auch immer gebeten, eigentlich ab dem 45. Lebensjahr, hinzugehen.

Moderator Lars Schmidtke: Wie haben Sie das gemacht? Haben Sie gesagt "Ich gehe jetzt, jetzt gehst du auch?"

Wie es letztendlich zur Vorsorgeuntersuchung kam

Brigitte Kleinen: Ja, ich habe auch gesagt: "Geh mal. Es ist genauso wichtig für dich wie für mich. Es war vielleicht nicht angenehm, aber geh mal, ich mach mir sonst Sorgen um dich.“ Und das hat er dann irgendwie so fast zehn Jahre von sich weggeschoben. Und man will ja dann auch nicht nur nerven. Und dann hat es letztendlich erst eine Krebserkrankung von einem guten Freund und dann auch so eine Sendung gebraucht.

Moderator Lars Schmidtke: Es gab eine Fernsehsendung und da wurde darauf hingewiesen?

Brigitte Kleinen: Da wurde darauf hingewiesen. Ganz witzige Sendung, wo Prominente ja im Prinzip dafür ...

Moderator Lars Schmidtke: ... so eine Vorsorgeuntersuchung mitgemacht haben?

Brigitte Kleinen: Genau.

Moderator Lars Schmidtke: Okay.

Brigitte Kleinen: Und das war dann der letzte auslösende Punkt. Und da hat er dann Termin gemacht und ja.

Moderator Lars Schmidtke: Quasi so „wenn, die das machen, dann kann ich das auch“?

Brigitte Kleinen: Ja, ja.

Moderator Lars Schmidtke: Okay.

Brigitte Kleinen: Und das war ja zum Glück dann noch nicht zu spät. Es war dann zum Glück noch rechtzeitig. Man weiß ja nicht, wie es ein, zwei Jahre später gewesen wäre. Und letztendlich sind wir sehr dankbar, dass es über diesen PSA-Wert dann auch im Prinzip rausgekommen ist, sonst hätten wir gedacht, es sei alles okay.

Moderator Lars Schmidtke: Also im Nachhinein eigentlich mega viel Glück gehabt und dankbar, dass es jetzt so gekommen ist, wie es jetzt ist.

Brigitte Kleinen: Ja, definitiv.

Moderator Lars Schmidtke: Also Ihnen geht es total gut damit?

Brigitte Kleinen: Ja, kann man so sagen. Und wir hoffen, dass es so bleibt.

Fazit zur Prostatafrüherkennung

Moderator Lars Schmidtke: Das ist doch super. Also ich fasse das mal zusammen: liebe Männer, Väter, Partner, Freunde, Schwager, Onkel, Opas, jung oder alt – Vorsorge ist ja nur ein ganz, ganz kleiner Schritt, wie wir gerade gehört haben. Aber es kann für ein ganz großes Stück mehr vom Leben sorgen. Für Sie, für dich, für Ihre und eure Liebsten. Also am besten gleich heute noch einen Termin machen. Ja, Brigitte, dann sage ich ja ganz lieben Dank, dass Sie heute mit mir und unseren Zuhörerinnen und Zuhörern zu diesem wichtigen Thema so offen gesprochen haben. Ich sag tschüss und schön, dass Sie mit dabei waren. Dankeschön, liebe Brigitte!

Brigitte Kleinen: Ja, tschüss. Danke!

Moderator Lars Schmidtke: So, liebe Zuhörerinnen, liebe Zuhörer, ich hoffe, dass auch diese Folge Ihnen gefallen hat und Sie vielleicht einiges Neues erfahren haben – für sich persönlich oder für Ihren Partner, für den Opa, für den Vater oder für den Bruder. Und ich würde mich freuen, wenn Sie bei der nächsten Folge wieder mitreinhören. Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit und sag tschüss, bis zum nächsten Mal. Bleiben Sie gesund!

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