HIV ist im Vergleich zu vielen anderen Viruserkrankungen relativ schwer übertragbar. Die Wahrscheinlichkeit, sich bei einem einzelnen ungeschützten Sexualkontakt mit einer:m HIV-positiven Partner:in anzustecken liegt statistisch im Mittel zwischen unter 1 % bis ca. 5 %. Die Höhe des Risikos ist unter anderem abhängig von der Viruslast des:r positiven Partner:in und der ausgeübten Sexualpraktik.
In Deutschland ist das Infektionsrisiko ungleich verteilt: Hohe Infektionsraten gibt es bei Männern, die gleichgeschlechtlichen Sex ohne Kondom haben. Auch Migrantinnen und Migranten aus Ländern mit besonders starker HIV-Verbreitung sowie Menschen, die sich Drogen spritzen und Nadeln mit anderen austauschen, haben ein erhöhtes Risiko.
Die weltweit wichtigsten Übertragungswege von HIV sind:
Daher ist neben dem Gebrauch von Kondomen (Safer Sex) und dem Gebrauch von sterilen Injektionsnadeln (Safer Use) auch eine besondere Betreuung von HIV-betroffenen Schwangeren erforderlich.
HIV ist im Vergleich zu vielen anderen Viren relativ schwer übertragbar. Das Risiko einer Übertragung steigt allerdings bei sehr hoher Viruslast. Dies ist vor allem bei Menschen mit einer frischen und noch nicht bekannten bzw. unbehandelten HIV-Infektion der Fall.
HIV-positive Menschen, die erfolgreich medikamentös behandelt werden, haben meist eine sehr niedrige bzw. nicht mehr nachweisbare Viruslast. Wenn die Viruslast einer HIV-positiven Person seit mindestens sechs Monaten unter der Nachweisgrenze liegt und aktuell keine anderen sexuell übertragbaren Infektionen vorliegen, ist eine Ansteckung ausgeschlossen (nicht nachweisbar = nicht übertragbar). Dies konnte in mehreren großen Studien bestätigt werden.
Das Risiko, sich mit HIV anzustecken oder das Virus auf den Partner oder die Partnerin zu übertragen, hängt von der Sexualpraktik ab.
Das weitaus größte Ansteckungsrisiko besteht beim ungeschützten passiven (rezeptiven) Analverkehr mit einem:r bekannt HIV-positiven Partner:in. Jedoch ist auch bei Partner:innen mit unbekanntem HIV-Status das Risiko sehr groß, während der ungeschützte aktive (insertive) Analverkehr mit Partner:innen mit unbekanntem HIV-Status weniger risikoreich ist.
Das Infektionsrisiko bei ungeschütztem aktivem (insertivem) Vaginalverkehr mit einer HIV-positiven Frau kann je nach Viruslast und Praktik sehr hoch sein. Bei ungeschütztem passiven (rezeptiven) Vaginalverkehr einer HIV-negativen Frau mit einem HIV-positiven Mann ist die Wahrscheinlichkeit einer HIV-Übertragung etwas niedriger.
Das geringste Risiko besteht beim oralen Sex: In den wenigen bekannten Einzelfällen, bei denen eine Ansteckung mit HIV durch Oralverkehr stattgefunden hat, wurde Sperma in den Mund aufgenommen.
Liegt die Viruslast des HIV-positiven Partners unter der Nachweisgrenze, ist das Ansteckungsrisiko gleich Null (siehe oben).
Die weiterführenden Links unten im Artikel bieten weitere Informationen zum Thema.
Bis vor wenigen Jahren war „Safer Sex“ gleichbedeutend mit der Benutzung von Kondomen. Fortschritte in der Erforschung und Behandlung der HIV-Infektion ermöglichen dir heute die Wahl zwischen verschiedenen Methoden des Safer Sex. Welche das sind und welche Vor- und Nachteile sie haben, erfährst du hier.
Unter „Safer Sex“ versteht man Sex, der (im Vergleich zu „ungeschütztem Sex“) mit einem deutlich geringeren Risiko einer Infektion mit HIV verbunden ist. Bis vor wenigen Jahren stand im Wesentlichen nur eine Möglichkeit zur Verfügung: Den Kontakt infektiöser Körperflüssigkeiten – wie z. B. Sperma – mit Schleimhäuten zu vermeiden. Beim Anal- oder Vaginalverkehr bedeutete dies den Gebrauch von Kondomen. Verkehr ohne Kondom, sogenanntes „Barebacking“, war „unsafe“.3
Durch die Fortschritte in der Erforschung und Behandlung der HIV-Infektion stehen heute zwei weitere Methoden zur Verfügung, die mit einer mindestens vergleichbar hohen Sicherheit vor einer HIV-Infektion schützen wie der Gebrauch von Kondomen: Schutz durch Therapie (engl.: Treatment as prevention, TasP) und die Prä-Expositions-Prophylaxe (PrEP).3
Alle drei Methoden werden heute als „Safer Sex“ angesehen und zusammen als „Safer Sex 3.0“ bezeichnet. Hier die wichtigsten Vor- und Nachteile der einzelnen Methoden:
Wenn bei einer HIV-positiven Person die Viruslast aufgrund der antiretroviralen Therapie (ART) seit mindestens sechs Monaten unter der Nachweisgrenze liegt, ist sie sicher nicht mehr ansteckend.4 Das konnte in mehreren wissenschaftlichen Studien nachgewiesen werden.
Vorteile:
Nachteile:
Ist Safer Sex durch den Gebrauch von Kondomen damit überholt? Keineswegs. Das Kondom ist noch immer eine bewährte Schutzmethode.5
Vorteile:
Nachteile:
PrEP ist eine Methode, HIV-negative Personen vor einer Ansteckung mit HIV zu schützen. Wie sicher die PrEP ist und ob sie als Schutz vor HIV für dich in Frage kommt, kannst du hier erfahren.6
Während bis vor einigen Jahren beim Anal- und Vaginalverkehr der Gebrauch von Kondomen und beim Oralsex die Regel „Raus, bevor es kommt“ die wesentlichen Möglichkeiten waren, sich vor einer Ansteckung mit HIV zu schützen, steht mit der PrEP, nun eine weitere Methode zur Verfügung. Die PrEP besteht in der vorbeugenden täglichen Einnahme eines Medikaments mit den beiden Wirkstoffen Emtricitabin und Tenofovir. Dieses Medikament wird seit langem in der Behandlung der HIV-Infektion eingesetzt. Inzwischen sind auch eine Reihe von Generika verfügbar. Die Einnahme schützt HIV-Negative mit einer ähnlichen Zuverlässigkeit vor der Ansteckung mit HIV wie der Gebrauch von Kondomen. Unter bestimmen Voraussetzungen kann es vom Arzt an HIV-Negative verschrieben werden.6
Nachfolgend einige Antworten auf die häufigsten Fragen:
Die PrEP ist ähnlich sicher wie der Gebrauch von Kondomen. Dies setzt allerdings die zuverlässige Einnahme der Tabletten voraus. Außerdem muss rechtzeitig vor („prä“ bedeutet „vor“) Risikokontakten mit der PrEP begonnen werden. Man geht heute davon aus, dass sie bei Männern bzw. Personen mit Penis nach drei und bei Frauen bzw. Personen mit Vagina frühestens nach sieben Tagen regelmäßiger Einnahme ihre optimale Schutzwirkung entfaltet.6
Die Anwendung der PrEP kann für dich sinnvoll sein, wenn du HIV-negativ bist, aber ein hohes Risiko hast, dich zukünftig mit HIV zu infizieren.7
Ein hohes Risiko besteht zum Beispiel, wenn es dir schwerfällt, regelmäßig andere Schutzmaßnahmen wie Kondome anzuwenden.
Wenn du in den letzten 12 Monaten häufiger Risikokontakte (=kondomlosen Analverkehr) hattest und/oder wenn du im letzten Jahr andere sexuelle übertragbare Erkrankungen hattest, sind das deutliche Hinweise auf ein erhöhtes Risiko, dich mit HIV zu infizieren. Auch Substanzkonsum zum Sex („Chemsex“) erhöht das Risiko, weil unter Substanzeinfluss häufig auf Schutzmaßnahmen verzichtet wird.
Wenn dies auf dich zutrifft, solltest du mit einem:r in der HIV-Therapie erfahrenen Ärzt:in darüber sprechen, ob die PrEP für dich in Frage kommt. Es wird geschätzt, dass es derzeit bei etwa 10 % der hochaktiven MSM (Männer, die Sex mit Männern haben) in den Niederlanden einen Bedarf für eine PrEP gibt.8
Die Kosten für die PrEP (Beratung, Medikamente, erforderliche Laboruntersuchungen) werden in Deutschland seit September 2019 unter bestimmten Voraussetzungen von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen.9
Da das für die PrEP eingesetzte Medikament bis vor wenigen Jahren noch unerschwinglich teuer war oder weil sie mit dem Wunsch nach einer PrEP keine:n Ärzt:in aufsuchen wollten, haben manche auf die Bestellung ausländischer Generika über das Internet zurückgegriffen. Dies ist jedoch unter Umständen illegal und kann mit einem gesundheitlichen Risiko verbunden sein, weil die Qualität der auf diesem Weg beschafften Arzneimittel nicht immer gewährleistet ist und weil im Rahmen der PrEP zu deiner Sicherheit regelmäßige ärztliche Untersuchungen unbedingt erforderlich sind.
Zunächst muss sichergestellt werden, dass du HIV-negativ bist, weil die alleinige Einnahme von Emtricitabin/Tenofovir bei HIV-Positiven zur Kontrolle der Virusvermehrung im Körper nicht ausreicht und daher zur Bildung resistenter Viren führen kann. Das würde die HIV-Therapie sehr erschweren.10
Außerdem muss durch eine Laboruntersuchung nachgewiesen sein, dass du keine Hepatitis B hast, weil es sonst nach Absetzen der PrEP zu ernsthaften Leberproblemen kommen kann. Falls du noch nicht gegen Hepatitis B geimpft sein solltest, wird dir dein:e Ärzt:in diese Impfung vor Beginn der PrEP empfehlen.
Da das zur PrEP eingesetzte Arzneimittel in seltenen Fällen zu Nierenfunktionsstörungen führen kann, sollten deine Nieren gesund sein. Auch dies wird durch Laboruntersuchungen überprüft.
Während der PrEP muss alle drei Monate eine Blutuntersuchung durchgeführt werden. Dabei werden jeweils ein HIV-Test gemacht und die Nierenwerte bestimmt. Eventuell kann dein:e Ärzt:in in besonderen Fällen noch weitere Untersuchungen empfehlen. Außerdem solltest du regelmäßig auf andere sexuell übertragbare Infektionen untersucht werden.11
Da dich die PrEP nur dann optimal vor HIV schützen kann, wenn du die Tabletten regelmäßig einnimmst, sollte bei jeder Kontrolluntersuchung besprochen werden, wie gut dir das gelingt.
In einer Studie wurde auch die anlassbezogene PrEP („PrEP on demand“) untersucht. Darunter versteht man, dass die PrEP nicht regelmäßig, sondern nur ab zwei bis 24 Stunden vor bis zwei Tage nach einem geplanten Risikokontakt eingenommen wird.10
Die anlassbezogene PrEP hat mehrere Nachteile:
Aus diesen Gründen ist die regelmäßige tägliche Einnahme der PrEP nach gegenwärtigem Kenntnisstand die empfehlenswertere Methode. Da ständig weitere Studien durchgeführt werden, könnte sich das in der Zukunft jedoch ändern.
Nebenwirkungen: Es handelt sich bei der PrEP um ein Medikament, das in der Regel gut vertragen wird. Dennoch können Nebenwirkungen auftreten. Insbesondere ist auf mögliche Nierenfunktionsstörungen zu achten. Daher werden die Nierenwerte in regelmäßigen Abständen überprüft. Weitere Nebenwirkungen können z. B. Magen-Darm-Beschwerden sowie Kopfschmerzen, Schwindelgefühl und Hautausschlag sein. Alle bisher beobachteten Nebenwirkungen sind im Beipackzettel des Medikaments aufgeführt.7
Erhöhtes Risiko anderer sexuell übertragbarer Infektionen: Wenn unter der PrEP auf den Gebrauch von Kondomen verzichtet wird, besteht möglicherweise ein erhöhtes Risiko, sich mit anderen sexuell übertragbaren Infektionen anzustecken. Wie hoch dieses Risiko tatsächlich ist, wird kontrovers diskutiert.
Stigmatisierung und Diskriminierung: Leider wird der Gebrauch der PrEP gerade in der schwulen Szene mitunter mit sexueller Zügellosigkeit gleichgesetzt und moralisch verurteilt (siehe hierzu auch den Artikel „HIV-Infektion als Stigma: Wie gehe ich damit um?“). Das Gegenteil ist der Fall: Wer die PrEP anwendet, zeigt damit, dass er Verantwortung für sich und seine Gesundheit übernimmt. Außerdem bieten die bei der PrEP regelmäßig durchgeführten HIV-Tests (und Untersuchungen auf andere sexuell übertragbare Infektionen) die Sicherheit, eine eventuelle HIV-Infektion in einem sehr frühen Stadium zu erkennen und zu behandeln. Das ist nicht nur im Interesse des Betroffenen (siehe hierzu den Artikel „Late Presenter: Warum frühe HIV-Diagnose Leben rettet“), sondern schützt auch die Sexualpartner.
Indem du dich mit dieser Frage an eine:n in der HIV-Therapie kompetente:n Ärzt:in wendest. Sie/er kann dich individuell beraten, deine Fragen beantworten und dir gegebenenfalls das Medikament verschreiben. Damit ein:e Ärzt:in die PrEP zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung verschreiben darf, muss sie/er über eine spezielle Qualifikation verfügen.
Hat ein ungeschützter Kontakt mit einer (vermutlich) HIV-positiven Person stattgefunden, läuft die Zeit. In vielen Fällen kann eine Ansteckung durch den frühzeitigen Einsatz von Medikamenten verhindert werden. Dennoch bleibt diese Methode zu Recht begründeten Einzelfällen vorbehalten.12
Wenn man sich als HIV-negative Person einem HIV-Infektionsrisiko ausgesetzt hat (z. B. ungeschützter Sexualverkehr mit einer HIV-infizierten Person, „Kondomunfall“ oder Verwendung einer gebrauchten Injektionsnadel), dann kann eine sogenannte „HIV-PEP“ als medizinische Sofortmaßnahme genutzt werden. Ein Arzt entscheidet über deren Einsatz. PEP ist die Abkürzung für Post-Expositions-Prophylaxe. Es handelt sich dabei um eine vorbeugende medikamentöse Behandlung, um das "Einnisten" des HI-Virus im Körper zu verhindern.12
Die Behandlung besteht aus einer Kombination von verschiedenen Medikamenten und muss möglichst rasch (möglichst innerhalb von 2 Stunden, spätestens innerhalb der ersten 72 Stunden) eingeleitet werden. Die Behandlung dauert meist vier bis sechs Wochen.12
Aber: Eine HIV-PEP bietet keinen 100 %igen Schutz! Sie wird nur im Notfall und nur nach ärztlicher Beratung und Verordnung abgegeben. Die Krankenkassen übernehmen die erheblichen Kosten nur im begründeten Einzelfall.
Eine Liste der Kliniken, die 24-Stunden am Tag eine HIV-PEP durchführen können, findet sich auf der Website der Deutschen Aidshilfe.
Die DAIG fördert den wissenschaftlichen Austausch und engagiert sich in Projekten zur Therapieverbesserung, Forschung und Prävention.
Die Initiative der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) bietet ausführliche Informationen zum Thema "Wie schütze ich mich?"
Hier finden Sie umfassende Informationen zur HIV-PrEP.
Eine Sammlung von Blogbeiträge zum Thema HIV-PrEP.
Es kann vorkommen, dass beim Schutz vor HIV etwas schiefgeht. Die Post-Expositions-Prophylaxe (PEP) verhindert mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Übertragung nach einem HIV-Infektionsrisiko.