Folge 13: CED und Ernährung – Gutes für den Bauch

CED und Ernährung - Gutes für den Bauch

Um das Thema Ernährung kommen CED-Betroffene nicht herum, denn es ist wichtig, herauszufinden, was dem eigenen Körper guttut. In dieser Folge erfährst du, worauf du achten solltest, was auch mal möglich ist und welche Tipps die Ökotrophologin und Ernährungstherapeutin Karina Jaspert für die Ernährung mit CED hat.
(EM-79119)


Teilnehmer:innen

Eva

„Mein Name ist Eva. Als ich die Diagnose Morbus Crohn erhalten habe, war das am Anfang wirklich eine Herausforderung für mich. Vieles in meinem Leben hat sich seitdem verändert. Heute kann ich sagen, dass ich gelernt habe, mit dem Morbus Crohn umzugehen und ein erfülltes Leben zu führen. Das war allerdings nicht immer so. Nach meiner Diagnose wusste ich nicht so recht, wie ich kommunizieren soll, dass ich an einer chronisch-entzündlichen Darmerkrankung leide.

Das Schreiben hat mir dabei geholfen, alles zu verarbeiten. Gleichzeitig kann ich anderen dabei helfen, mit der neuen Situation umzugehen, indem ich meine Geschichte öffentlich mache.

Ich möchte über chronisch-entzündliche Darmerkrankungen aufklären und anderen Betroffenen zeigen, dass sie nicht allein sind. Zusammen mit Janssen trete ich für eine offene Kommunikation über CED ein – dafür engagiere ich mich im Rahmen der Aufklärungskampagne ‚Einfach sagen, was dahintersteckt.

"So führen wir beispielsweise regelmäßige Interviews mit Betroffenen, Angehörigen, Ärzt:innen und Psycholog:innen rund um die Colitis ulcerosa und den Morbus Crohn. Wir sprechen aber auch über die Erkrankung selbst und über Ernährung, Sport oder Reisen mit CED – eben alle Themen, die dazugehören. Die Gespräche findest du hier auf der Seite im Podcast- oder Videoformat.

Karina Jaspert

Karina Jaspert ist gelernte Ökotrophologin mit eigener Praxis für Ernährungstherapie und -beratung im Kölner Süden. Sie selbst bekam 2021 die Diagnose Colitis ulcerosa und legte schon davor ihren Schwerpunkt im Arbeitsalltag auf die Ernährung bei chronischen Erkrankungen und Autoimmunerkrankungen, zu denen auch die CED zählt. Für ihre Patient:innen nimmt Karina sich viel Zeit, um zu schauen, wie der aktuelle Stand ist und welche wichtigen Themen in den Sitzungen besprochen werden sollen – Als Therapeutin nimmt sie sich die Zeit, die ein Arzt oft nicht aufbringen kann, für seine Patient:innen. Karina ist überzeugt davon, dass man sich immer wieder an Gerichte oder Lebensmittel herantrauen und auch mal Neues ausprobieren sollte – Denn auch das emotionale Erlebnis kann sich auf das Wohlbefinden der Patient:innen auswirken.

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Über den Podcast

Inhaltsverzeichnis

(00:00:35) Ökotrophologin Karina Jaspert stellt sich vor: Ernährungsberatung vs. Ernährungstherapie – Wo liegen Unterschiede und was bringt es bei einer CED?
(00:04:47) Woran sich Karina in ihren Beratungen orientiert und warum “Iss was dir gut tut”, zu pauschal ist.
(00:08:31) Den Mut finden, Lebensmittel auszuprobieren - warum es sich lohnen kann und Balance so wichtig ist.
(00:11:14) Warum man eine CED auch als Chance zu einer neuen Ernährungsform sehen kann. Und: Gibt es eigentlich eine spezielle CED-Diät?
(00:14:03) Welche Erfahrungen Eva mit dem Thema Ernährung gemacht hat und warum ihr Wissen ihr im Alltag Sicherheit gibt.
(00:15:55) Sollte man eine Colitis Ulcerosa und einen Morbus Crohn gleich behandeln in der Ernährungstherapie?
(00:17:03) Karinas Tipps für alle CED-Betroffenen.

Transkript Folge 13:
CED und Ernährung – Gutes für den Bauch


Eva [00:00:04] Willkommen zu „Klartext“ – dem Podcast über CED. Mein Name ist Eva und ich habe Morbus Crohn. In dieser Podcast-Reihe möchte ich euch an meiner Geschichte teilhaben lassen und zeigen, wie ich gelernt habe mit der Erkrankung umzugehen.

Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge von „Klartext“. Ich habe heute Karina zu Besuch. Sie ist Ernährungstherapeutin und, wie sollte es anders sein, sprechen wir heute über das Thema Ernährung und Ernährungstherapie bei CED. Hallo Karina, schön, dass du da bist. Wärst du so lieb dich kurz vorzustellen?

Karina [00:00:35] Ja hallo, ich bin Karina Jaspert. Ich bin Ökotrophologin, habe an einer Universität studiert und arbeite seit meiner Familiengründung als freiberufliche Ernährungstherapeutin im Kölner Süden. Meine Schwerpunkte liegen insbesondere im Bereich chronische Erkrankungen und Autoimmunerkrankungen, wo auch die CED dazugehört. Ich bin selbst betroffen, an Zöliakie erkrankt und habe seit 2021 die Diagnose Colitis ulcerosa.

Eva [00:01:04] Das heißt, du kannst das Thema einerseits fachlich sehr gut einschätzen und andererseits auch nachempfinden, was für eine Herausforderung das für einen CED-Patienten ist, wenn der Darm nicht so funktioniert, wie man das von einem gesunden Körper kennt. Wie darf ich mir deinen Arbeitsalltag so vorstellen? Was genau kann man sich darunter vorstellen? Vor allen Dingen habe ich mich auch gefragt: Was ist der Unterschied zwischen einer Ernährungsberatung und einer Ernährungstherapie? Diesen Begriff „Ernährungstherapie“ hört man ja häufiger…

Karina [00:01:35] Ja, also mein Arbeitsalltag verläuft so, dass ich Individual-Beratungen durchführe. Zum Beispiel für CED-Betroffene, die sich bei mir einen Termin buchen und mit denen ich im Vorgespräch ein persönliches Gespräch führe. Dann machen wir in der Erstberatung erst mal eine ganz ausführliche Anamnese und ich nehme mir sehr viel Zeit für die Betroffenen. Wir gucken einfach, was der Stand der Dinge ist. Wo sind die Beschwerdebilder? Was hat der Betroffene oder die Betroffene zu berichten und wo geht die Reise hin? Was sind die wichtigen Themen, die mit mir besprochen werden sollen? Und der Unterschied – noch mal ganz kurz – zur Ernährungsberatung ist, dass die Beratung sich eigentlich an gesunde Menschen richtet, die sich einfach präventiv gesund oder gut ernähren wollen. Die Therapie ist eigentlich an erkrankte Personen gerichtet, die beispielsweise von CED betroffen sind.

Eva [00:02:27] Vielen Dank dafür. Ich glaube, das ist nicht allen Hörern immer klar. Man hört die Begriffe häufiger mal hier und da und ich finde immer ganz gut, wenn man weiß, dass es ebenfalls eine feste Therapiesäule ist – auch für einen Menschen mit CED. Aus deinen Worten und deiner Erfahrung heraus – Warum kann so eine Ernährungstherapie für einen CED-Patienten wichtig sein bzw. welche Potenziale siehst du darin?

Karina [00:02:53] Also die Potenziale in der Ernährungstherapie sehe ich für den CED-Patienten auf jeden Fall. Denn er bekommt durch meine oder durch die individuelle Beratung in der Therapie auch Zeit geschenkt, die der Arzt zum Beispiel gar nicht hat. Nach der Diagnosestellung stehen viele Patienten mit ihrer Diagnose ja allein da. Ich nehme mir die Zeit und versuche erst mal eine Analyse zu machen: Wie ist es im Moment mit der Ernährung? Wo liegen die Beschwerden? Im Nachfolgenden gehen wir dann zusammen durch, welche Lebensmittel die Betroffenen gut vertragen und welche Lebensmittel weniger gut verträglich sind. Wie ist überhaupt mein Ernährungsstatus? Bin ich mangelernährt? Brauche ich Nahrungsergänzungsmittel und wo geht die Reise hin? Muss ich Gewicht zunehmen? Da begleite ich den Betroffenen natürlich ganz individuell, je nach Gusto, vor allen Dingen auch nach Vorlieben und natürlich auch mit Berücksichtigung der Unverträglichkeiten. Wir schmieden einen Plan zusammen, so würde ich das jetzt mal sagen.

Eva [00:03:55] Ja, sehr gut. Da steckt jetzt echt viel drin. Also ich finde, es ist immer eine sehr individuelle Sache. Ich habe es selbst ja auch erlebt und höre es von vielen CED-Patienten, dass man manchmal so Sachen gesagt bekommt wie: „Iss, was dir bekommt“. Die Verunsicherung ist dann doch sehr groß und es ist schwierig, für sich selbst zu entscheiden: Bekommt mir das jetzt, oder nicht? Manchmal gibt es nämlich Dinge, auf die man gefühlt direkt reagiert. Man hat aber auch Nahrungsmittel, von denen man vielleicht glaubt, sie gut zu vertragen, die aber vielleicht auf längere Sicht die Entzündung ein bisschen triggern. Ich fand es für mich total herausfordernd, das selbst herauszufinden. Und daher finde ich die Arbeit, die du da machst, enorm wichtig. Ich finde es schön, dass man für jeden dann individuell schaut: „Was isst du tagtäglich und ist das gut für dich oder ist es nicht gut für dich?“ Hast du dadurch einen Leitfaden an Dingen, oder Nahrungsmitteln, die grundsätzlich eher gut verträglich oder eher weniger verträglich sind und orientierst dich daran? Oder wie kann ich mir das vorstellen?

Karina [00:05:01] Also es gibt natürlich einen Leitfaden. Aber wie du schon sagst, „Iss was dir guttut“ ist für mich viel zu pauschal. Und zwar machen wir das so – das ist der Vorteil einer individuellen Ernährungstherapie –, dass man anhand des Ernährungstagebuchs genau durchgeht, was wann vertragen wurde. Und es ist eben auch nicht jeden Tag gleich. Manchmal verträgt man Möhren und an anderen Tagen eben nicht. Dementsprechend steckt da das Potenzial auch in der Ernährungstherapie, gemeinsam rauszufinden, welche Lebensmittel im Großen und Ganzen vertragen werden und welche eher nicht. Einen Punkt, den ich noch ansprechen möchte, ist das Weglassen von Lebensmitteln. Wenn der Arzt sagt: „Essen Sie, was Ihnen guttut“, und man stellt fest, dass man eigentlich schon recht wenig verträgt, oder man hat das Gefühl, eigentlich gar nichts mehr zu vertragen, führt es dazu, dass die Betroffenen einfach alles weglassen. Das ist genau das, wofür wir einstehen – hier zu sagen: „Nein, probiert es aus, wagt euch.“ Da gibt es von mir natürlich auch Anleitungen und Tipps – je nachdem, in welcher Phase sich der Patient befindet, also ob er in der Schub- oder in der Remissionsphase ist. Wir sagen einfach: „Kommt, probiert es mal aus, ihr braucht zum Beispiel Eiweiß – gutes Eiweiß – und vor allen Dingen auch Ballaststoffe“, aber die Ballaststoffe zum Beispiel eben nicht in der Schubphase.

Eva [00:06:15] Ich glaube, das ist ein ganz wichtiger Aspekt: Dem Menschen in dieser ganzen Überforderung und Verunsicherung ein bisschen Sicherheit zurückzugeben, was er essen und was er nicht essen kann. Aber ich höre auch ein bisschen raus, dass der ganze Prozess schon recht aufwendig ist. Was ist so eine typische Dauer für die Ernährungstherapie? Für mich ist es, glaube ich, nichts Kurzfristiges. Denn das ist ja schon etwas, was man für sich erlernen und auch austesten muss. So hört es sich für mich auf jeden Fall an…

Karina [00:06:45] Man „muss“... Also das ist auch schon wieder so ein Begriff... Man kann! Wenn man merkt, es tut mir gut, wenn ich was verändere, dann ist es prima und dann kann man daran auch weiter anknüpfen. Ich habe aber zum Beispiel auch eine Betroffene, die in diesem Jahr neu diagnostiziert wurde, und die war jetzt fünf Sitzungen bei mir. Sie ist sehr interessiert, beschäftigt sich viel mit Ernährung und kocht auch alles selbst frisch. Aber sie hat eben gemerkt: „Ich brauch Sie noch etwas länger“. Und leider ist es so, dass die gesetzlichen Kassen immer nur fünf Beratungseinheiten bezuschussen – und dementsprechend natürlich ein Break entsteht, falls die Betroffenen das nicht selbst dann aus eigener Tasche bezahlen. Dementsprechend finde ich das auch in den Beratungseinheiten wichtig, dass ich die Betroffenen langfristig begleite. Da sieht man zwischendurch Schwankungen: Gewichtszunahme, weil ich ihnen gute Fette und Öle empfohlen habe und es mal ausprobiert wurde. Dann kam aber plötzlich eine Schubphase und alles geht wieder zurück. Trotzdem motiviere ich dann, weiter dranzubleiben und nach der Remissionsphase wieder dort anzuknüpfen, wo wir sozusagen aufgehört haben.

Eva [00:07:53] Das heißt, du würdest empfehlen, dass die CED-Patienten das auch aktiv mal bei dem Arzt einfordern – wenn es jetzt nicht zwingend zu einem Gespräch über die Ernährung kommt?

Karina [00:08:03] Das auf jeden Fall. Und da arbeiten wir als Fachleute – als Ökotrophologen oder Ernährungstherapeuten – die ganzen Jahre schon dran, dass die Ärzte mit uns zusammenarbeiten. Dass sie den Patienten auch aktiv anbieten: „Ihr dürft es in Anspruch nehmen und es ist budgetneutral“, „Ich schreibe dem Patienten einfach diese Notwendigkeitsbescheinigung aus und er hat wirklich einen großen Nutzen davon“, weil die Therapeuten, die sich mit dem Thema auskennen, sich Zeit nehmen und auch wirkliche Hilfestellungen anbieten.

Eva [00:08:30] Sehr schön. Du hast schon ein bisschen verraten, wie das abläuft, wenn man seine Ernährung an die Erkrankung anpasst. Ich glaube, welche Frage auch ganz häufig kommt, ist: „Muss ich da jetzt immer drauf verzichten?“ Wie würdest du auf so eine Frage reagieren? Wie würdest du das einschätzen?

Karina [00:08:50] Da würde ich auf jeden Fall ganz klar sagen: „Nein.“ Das ist natürlich wenn dann immer in der Phase des Schubs, dass ein Lebensmittel so gar nicht vertragen wird. Da bin ich ein ganz klassischer Vertreter davon, zu sagen, der Betroffene soll die bestimmten Lebensmittel immer wieder dann ausprobieren, wenn die Remissionsphase eintritt. Dass man einfach mal versucht, ein Lebensmittel, was man unheimlich gerne gemocht hat, einfach immer mal wieder zu essen, auch mal vielleicht was Süßes. Wir sagen ja alle: „Zucker ist halt nicht so gut, Mikrobiom und so weiter…“ Aber auch da immer nur zu verzichten, macht einen am Ende auch mürbe und ist für die Psyche eine ganz große Belastung. Meine Patienten, die ich betreue – oder Klienten, wie wir dann sagen –, motiviere ich immer. Wenn sie sagen, dass sie etwas gegessen oder was Frisches gekocht haben, und es geht ihnen super, wenn sie dann mal zum Dessert ein Stück Schokolade essen, dann freue ich mich mit ihnen, wenn alles gut gegangen ist. Ich glaube, dann machen die Betroffenen auch gar nicht mehr so viele Fehler, wie: „Ich esse jetzt die ganze Zeit Pommes mit Majo und Fertigprodukte“, oder sowas.

Eva [00:09:52] Ja, ich glaube, diese Balance ist ganz wichtig. Auch diese mentale Komponente, weil Essen ja auch immer viel mit Genuss verbunden wird. Ich glaube, da ist es enorm wichtig, dass man ein Gleichgewicht für sich selbst hinbekommt. Das habe ich auch gespürt. Natürlich habe ich über die Zeit gelernt, achtsamer zu essen und zu schauen: Was macht das jetzt mit mir, wenn ich das gegessen habe? Aber wenn ich da zu sehr darauf höre, ob da jetzt irgendwo was weh tut, hat mir das auch nicht gutgetan. Daher ist es eigentlich ganz schön, dass du sagst, wie wichtig es ist, Dinge immer wieder auszuprobieren – vielleicht auch mit dem Wissen, dass es auf gut Deutsch gesagt „in die Hose gehen“ kann. Das sind für mich neue „Opportunitätskosten“ – so habe ich das aus Spaß mal für mich genannt. Für mich ist es das jetzt wert gewesen, diese Kugel Eis zu verspeisen – mit dem Risiko, dass es mich nachher vielleicht zwei bis drei nicht so gute Stunden kostet. Aber dann bin ich das in dem Moment irgendwie bewusst eingegangen. Und andersherum gibt es dieses: „Ich mache heute irgendwie auf Nummer sicher, weil wir zum Beispiel heute für diese Podcast-Aufnahme angereist sind.“, dann habe ich mir gesagt: „Na gut, dann mach ich mein Frühstück lieber ein bisschen milder, als ich das vielleicht sonst machen würde, wenn ich weiß, ich bleibe zu Hause.“ Das finde ich einen ganz, ganz schönen Aspekt dabei, dass der Faktor auch in der Therapie berücksichtigt wird. Ich habe noch eine Frage – die ist eigentlich schon fast rhetorisch: Gibt es deiner Meinung nach eine spezielle CED-Diät?

Karina [00:11:20] Nein, die gibt es auf keinen Fall. Es gibt einfach nur Erfahrungswerte, die beispielsweise bei den Betroffenen zeigen, dass manche Lebensmittel eben besonders gut und andere weniger gut vertragen werden. Wie gesagt, es ist sehr individuell und die Ernährung spielt in einem großen Puzzle als kleines Puzzleteil eine Rolle. Aber es ist eben nicht das Ganze. Natürlich gibt es noch die medikamentöse Therapie, die Psychotherapie bzw. Entspannung und so weiter. Aber bei der Ernährung, kann man als Betroffener selbst an dem Rad drehen. Das finde ich toll. Und man kann sich gleichzeitig auch noch für seine Umwelt einsetzen und seine ganze Umgebung ermuntern, vielleicht ein bisschen auf die Ernährung zu achten, anti-entzündlich zu essen und so weiter. Das ist auch ein Part, wo andere mit profitieren können, die gar nicht betroffen sind. Das ist ja auch bei vielen Familien so, dass nur einer betroffen ist.

Eva [00:12:16] Das heißt, man hat auch eine gewisse Empfehlung für die Auswahl an Lebensmitteln, die dann jedes Umfeld mit favorisiert?

Karina [00:12:23] Genau, das beobachte ich auch bei mir selber. Das macht unheimlich Spaß zu sehen, wen ich da motiviere. Meine Kinder, meine Familie, mein Umfeld. Dann sage ich zum Beispiel: „Es ist nicht so gut, viel rotes Fleisch zu essen“, „Esst ballaststoffreich – natürlich nicht, im Schub – aber einfach pflanzenbetont, grün…“ Das passt ja jetzt auch in die derzeitige Diskussion – Klimawandel und so weiter. Deswegen finde ich das auch toll, dass wir jetzt auch für die CED-Patienten diese gute Ernährungsform empfehlen können.

Eva [00:12:51] Ja, ich glaube, man kriegt auch ein ganz anderes Bewusstsein bezüglich Nahrungsmitteln. Also bei mir war es so, dass ich früher vielleicht eher unreflektiert auch mal Sachen gegessen habe, wo ich jetzt denke: „Wow, das hast du deinem Körper angetan? Selbst für einen gesunden Körper ist das schlecht!“ Es ist gut, wenn man so ein bisschen lernt, dass es okay ist, dann vielleicht auch mal in das etwas teurere Lebensmittel zu investieren, weil es etwas ist, was man auch im Körper aufnimmt. Eigentlich sollte es vollkommen logisch sein, dass man da nicht das günstigste und schlechteste nehmen sollte für seinen eigenen Körper. Aber das ist mir erst durch die Erkrankung bewusst geworden.

Karina [00:13:28] Dieses Bewusstsein, das haben viele Menschen, die nicht erkrankt sind, gar nicht unbedingt an CED, eben nicht. Ein Bewusstsein dafür, dass es wichtig ist, auch mal Bio-Lebensmittel zu kaufen und dafür ein bisschen mehr Geld auszugeben. Frische Lebensmittel sind auch nicht teurer als verpackte. Das kann man vielleicht auch dadurch lernen. Also ich sage immer: „Zöliakie – wie auch CED – ist eine Herausforderung für jeden einzelnen. Aber man kann durch diese Erkrankung auch gewinnen.“ Das finde ich auf jeden Fall. Welche Erfahrung hast du denn mit Ernährungstherapien gemacht? Hast du auch mal eine Ernährungstherapie in Anspruch genommen?

Eva [00:14:08] Also bei mir war es leider so, dass mir gar nicht bewusst war bzw. es für mich nicht transparent war, dass ich diese Möglichkeit hätte nutzen können – zu einem Zeitpunkt, wo ich es sehr gebraucht hätte. Ich hatte mal eine Ernährungsberatung, als ich die Diagnose noch nicht hatte. Da ging es um Unverträglichkeiten und Allergien. Das hat mir schon sehr geholfen, weil ich so ein bisschen dieses Prozedere kennengelernt habe, von dem du berichtet hast. Also, dass man in ein Ernährungstagebuch guckt, dass man sich erst mal bewusst macht: „Was esse ich überhaupt über den Tag verteilt?“, „Wie bekommt mir das?“, „Wie wirkt sich auch Stress bei mir aufs Essen und auf die Nahrungsmittelaufnahme aus?“ Das sind einfach so Punkte, die mir im Nachhinein geholfen haben, weil ich das Vorgehen so ein bisschen kannte. Nach der Diagnose habe ich das für mich selbst ein bisschen ausgetestet und habe mir dann im Laufe der Jahre relativ viel Wissen selbst angeeignet – mir auch über unterschiedliche Ernährungstherapeutinnen dann was beigebracht. Es war also keine klassische Ernährungstherapie, aber ich habe immer mal so 10/12 Wochen Programm gemacht. Da konnte ich immer noch mal ein Stückchen mehr lernen, was ich anwenden kann. Ich habe gespürt, dass mir das im Alltag sehr viel Sicherheit gibt, wenn man einfach weiß, wie du schon sagtest, was im Schub zu tun ist, was ich dann am besten wieder weglasse und welche Zeitpunkte sich gut eignen, um Nahrung aufzunehmen. Und auf der anderen Seite konnte ich durch dieses Wissen und die Sicherheit, die ich durch die Ernährungstherapeuten bekommen habe, das Portfolio an Nahrungsmitteln, die ich essen kann, deutlich erweitern. Ich war erstaunt darüber, was dann eigentlich doch geht – Sachen, vor denen man früher vielleicht Angst hatte. Zum Beispiel vor Nüssen oder Rohkost hatte ich teilweise wirklich Angst, weil es mir in manchen Phasen einfach die großen Beschwerden gemacht hat. Ich wurde dann immer unsicherer: „Was geht jetzt tatsächlich und was nicht?“ Ist deine grundlegende Empfehlung bei Morbus Crohn und Colitis ulcerosa ähnlich, oder gibt es da noch mal Unterschiede, wo du sagen würdest, bestimmte Dinge lassen sich gut oder weniger gut vertragen?

Karina [00:16:07] Also im Prinzip gibt es in der Ernährungsform, die wir empfehlen, keine Unterschiede. Das ist, wie gesagt, individuell. Manche haben eine Mischung der Krankheiten, da gibt es keine Colitis ulcerosa oder Morbus Crohn – es gibt nur diese „Mischung“ sozusagen... Und die Betroffenen beider Erkrankungsbilder sagen, dass sie meistens frisch verarbeitetes und vor allen Dingen gedünstetes Gemüse viel besser vertragen als Rohkost beispielsweise. Das hast du ja jetzt auch gerade angesprochen. Aber wie gesagt, es gibt nichts in Stein Gemeißeltes, was geht und was nicht, sondern das ist individuell unterschiedlich. Ich würde sagen, es gibt keine Unterschiede zwischen Crohn und Colitis in der Empfehlung für die Ernährung.

Eva [00:16:51] Wir können also auf jeden Fall festhalten, dass es eine sehr wichtige Therapiesäule ist und dass Ernährung ein Thema ist, wofür man sich Zeit nehmen sollte – auch um diese Individualität mit einbringen zu können. Gibt es etwas, was du gerne einem Menschen mit einer CED mitgeben wollen würdest?

Karina [00:17:08] Ja, dass er auf jeden Fall motiviert bleibt, dranbleibt was wir auch schon gesagt haben –, dass er nicht aufgibt und den Kopf in den Sand steckt, sondern mit Optimismus und Zuversicht in die Zukunft guckt und sich Unterstützung holt, soweit er kann – durch eine Ernährungstherapie, durch einen Psychologen oder dass er sich im Alltag Entspannung gönnt und Stress vermeidet. Ich möchte auf jeden Fall allen Betroffenen mitgeben, dass sie weiterhin positiv am Leben teilnehmen und sie diese Erkrankung nicht ständig als „Damoklesschwert“ über sich haben.

Eva [00:17:44] Das ist sehr schön gesagt, weil ich glaube, es ist wirklich so, dass man häufig einfach diese Angst hat, die man mit sich trägt. Ich finde es auch schön, dass du erwähnst, dass es diese unterschiedlichen Komponenten sind, die im Nachhinein ineinandergreifen. Und das tun sie ja in unterschiedlichen Alltagssituationen, die sich natürlich auch im Bauch niederschlagen: Wenn da Stress ist, wenn da zu viel Druck ist, wenn die Ernährung mit reinspielt… Und ich glaube, ein wichtiger Aspekt, wenn man sich mit dem Thema Ernährung beschäftigt, ist, dass man sich damit und mit den neuen Dingen, die man vielleicht erlernt oder vorhat, nicht auch noch Stress macht. Denn ich glaube, dass man da sehr milde mit sich umgehen und sagen sollte: „Das dauert seine Zeit, bis so eine Ernährungsumstellung wirklich zur Routine wird.“ Bei mir war das so, dass ich dann mit einer „neuen“ Einkaufsliste in den Supermarkt gegangen bin – und man sucht ja dann auch erstmal neu! Wo stehen denn die Sachen, die ich brauche? Wie koche ich das denn jetzt? Weil man sonst seine eingefahrenen Routinen hatte. Ich glaube, dass es enorm wichtig ist, sich das nicht noch zu einer zusätzlichen Stresskomponente zu machen, sondern dem einfach so eine gewisse Zeit auch geben muss.

Karina [00:18:55] Also wie gesagt, Schritt für Schritt und nicht sich zu viel vornehmen. Eins nach dem anderen. Es muss auch nicht alles, was man sich vornimmt, gleich am nächsten Tag funktionieren. Aber man muss auch wissen, dass man eben mit der Ernährungsveränderung oder damit, sich gezielt mit Ernährung zu beschäftigen, nicht sofort einen Heilungserfolg hat. Das ist wichtig, damit man da nicht wieder in die Frustration fällt. Es ist ein Zusammenspiel von verschiedenen Therapiemaßnahmen, die die Beschwerdelinderung dann letzten Endes bewirken.

Eva [00:19:22] Sehr schön. Wir haben, bevor wir angefangen haben aufzunehmen, kurz darüber gesprochen, dass ich finde, man kann sehr viel über die Ernährung steuern und dass man das immer sehr stark merkt. Im Umkehrschluss merke ich das eigentlich viel stärker, wenn ich das mal irgendwie schleifen lasse. Zum Beispiel, wenn zu viele Familienfeiern sind… oder irgendjemand zu viel Stress oder zu wenig Zeit, um sich vielleicht das zu kochen, was ihm eigentlich guttut. Dann merkt man: „Oh, da schleichen sich wieder mehr Symptome ein.“ Und das zeigt mir irgendwie, dass man durch die Ernährung und auch durch diese intensive Auseinandersetzung mit dem Thema wieder ein stückweit mehr Macht über seinen eigenen Körper zurückbekommt. Man bekommt ein Tool-Set, um sich im Alltag ein bisschen stärker, ein bisschen besser zu fühlen.

Karina [00:20:10] Das ist auf jeden Fall so, wie ich beraten würde oder in der Therapie vorgehen würde: „Probiert es einfach aus und bleibt dran.“

Eva [00:20:23] Super! Vielen Dank für deine Zeit und auch vielen Dank, dass du dich im Alltag dem Thema so widmest. Und dadurch, dass du das selbst auch ein bisschen erlebst, wie das ist, wenn der Darm nicht hundertprozentig funktioniert, bringt das noch mal ein Stück weit mehr Empathie für einen CED-Patienten mit sich. Und ich glaube, das ist enorm wichtig, vor allen Dingen, wenn man gerade kurz nach der Diagnose vor so einer großen Verunsicherung bezüglich der Ernährung steht. Danke dir.

Karina [00:20:52] Bitte. Vielen Dank! Hat mir Spaß gemacht und ich hoffe auch, den Betroffenen Ermutigung weitergegeben zu haben.

Eva [00:21:00] Danke dir.

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Referenzen

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