Sport gegen Depression: Prof. Stefan Schneider im Interview

Sport gegen Depression: Prof. Stefan Schneider im Interview

„Je früher ich erkenne, dass Sport eine Bewältigungsstrategie ist, umso besser.“

Über die positive Wirkung von Sport bei Depressionen und warum uns die Evolutionsbiologie so häufig einen Strich durch die Rechnung macht. Ein nicht alltägliches Gespräch mit Prof. Stefan Schneider von der Sporthochschule Köln:

Herr Prof. Schneider, Sie haben erst Sportwissenschaften studiert und dann Theologie. Ist es von Vorteil, in jeder Situation bibelfest zu sein?

Sport gegen Depression: Prof. Stefan Schneider im Interview „Je früher ich erkenne, dass Sport eine Bewältigungsstrategie ist, umso besser.“ - Initiative #GemeinsamGegenDepression

Davon müssen wir eigentlich weg! Also davon, Verse zu zitieren, die vermeintlich passen, aber aus dem Zusammenhang gerissen sind. Nehmen wir das alttestamentliche „Auge um Auge, Zahn um Zahn“, was sehr gerne als Rachegedanke genutzt wird. Doch in der Sippenstruktur, in der die Menschen damals lebten, bedeutete es: Wenn einem eine Ziege geklaut wurde, wurde damit die Lebensgrundlage der Familie zerstört. Was er brauchte, war wieder eine Ziege! Die Wiedergutmachung erfolgt also über die Ziege. Das heißt, der vermeintliche Rachegedanke war vielmehr ein Rechtsspruch, um das Überleben zu ermöglichen.

Haben Sie in Ihrem Berufsalltag noch etwas mit Theologie zu tun?

Das verschwimmt. Die Sportwissenschaften sind ja eine interdisziplinäre Disziplin mit vielen verschiedenen Aspekten. Letzten Endes geht es immer um ein ganzheitliches Verständnis, wenn wir Menschen betrachten. Also wenn wir jetzt über Depressionen sprechen: Der Mensch besteht aus Körper und Geist, und ich versuche, beides miteinander in Einklang zu bringen, oder zumindest zu verstehen, wie sich beides miteinander bedingt. Ich würde Sportwissenschaft und Theologie nie trennen, es ist ein Menschenbild.

Sport scheint ja eine Art Wundermittel zu sein: Er hält jung, erhöht die Lebensqualität und verbessert die kognitiven Fähigkeiten. Warum tut Sport uns Menschen so gut?

Vorweg, wir reden hier an der Sporthochschule immer von „Sport und Bewegung“, weil „Sport“ für viele Menschen negativ besetzt ist. Wenn Sie in jungen Jahren einen unangenehmen Sportlehrer oder Sportlehrerin hatten, dann ist das Thema Sport für Sie sowieso gestorben. Besonders wenn Sie unsportlich waren. Das hat viele tatsächlich negativ geprägt.

Sie meinen die klassischen Demütigungen beim Schulsport – Völkerball und Bundesjugendspiele?

Genau. Es ist mir wichtig zu betonen, dass es um Bewegung geht. Sport ist immer in ein Regelwerk gepresste Bewegung. Gehen wir ruhig mal in meiner Profession als Theologe auf die Schöpfungsgeschichte zurück: Nach dem Sündenfall wurde der Mensch ja dazu verdammt, sein täglich Brot im Schweiße seines Angesichts zu erarbeiten, so steht's im Buch Genesis. Und genau das heißt Bewegung! Erwerbstätigkeit war für uns Menschen über Jahrtausende immer schon körperliche Erwerbstätigkeit. Wir mussten körperlich arbeiten, um zu überleben. Mit Jagen, Sammeln, mit handwerklichen Berufen, mit Kämpfen und Kohle schippen. Das heißt, der Mensch ist ein körperliches Wesen, und Bewegung ist Teil dieses körperlichen Wesens. Auch die Entwicklung unseres Gehirns ist in hohem Maße abhängig von Bewegung.

Peter Bamm hat mal schön formuliert: „Der Sport ist ein sehr vernünftiger Versuch des modernen Zivilisationsmenschen, sich Strapazen künstlich zu verschaffen.“ Zum ersten Mal in der Geschichte der Menschheit müssen wir seit zwanzig, dreißig Jahren in großen Teilen nicht mehr körperlich arbeiten, um unseren Unterhalt zu sichern. Gleichzeitig sehen wir eben Krankheiten durch Bewegungsmangel. Und nicht mehr nur Adipositas, Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Rückenprobleme, sondern auf einmal auch Depressionen, Burnout, Stress, ADHS im Kindes- und Jugendalter, neurodegenerative Erkrankungen im Alter. All das hängt auch damit zusammen, dass wir uns zu wenig bewegen, die Studienlage belegt es zumindest. Adipöse Menschen zum Beispiel bewegen sich weniger, bleiben eher zu Hause, das kann zu Isolation führen – und der größte Risikofaktor für eine Demenz ist soziale Isolation.

Und hier kommt jetzt wieder die körperliche Fitness rein. Um mich aus der sozialen Isolation rauszubewegen, muss ich körperlich fit sein; um alleine einkaufen zu gehen, muss ich körperlich fit sein; um im Alter alleine zu leben und mit den Enkelkindern zu spielen, um zu reisen, muss ich körperlich fit sein! Das heißt, häufig ist der Sport oder die körperliche Fitness nur ein Vehikel, das Partizipation ermöglicht. Es wirkt also nicht direkt auf die mentale Leistungsfähigkeit, sondern quasi von hinten durchs Knie.

Ist das nicht auch ein Luxusproblem von Menschen, die viel sitzen? Sagen Sie mal einer depressiven Verkäuferin, die den ganzen Tag auf den Beinen war: Jetzt machen Sie abends Sport! Die schüttelt doch nur den Kopf.

Die wenigsten Menschen haben Lust, sich zu bewegen. Evolutionsbiologisch macht das ja auch wieder Sinn: Denn Sie brauchen Energie, um den Bären zu jagen oder Pilze zu sammeln, also ihrer Erwerbstätigkeit nachzugehen. Energie ist aber nur begrenzt verfügbar – da werde ich den Teufel tun, irgendeinem Ball freiwillig hinterherzulaufen! Ich werde vielmehr versuchen, diese Energie zu sparen. Evolutionsbiologisch sind wir also darauf getrimmt, uns möglichst wenig zu bewegen. Sie können die meisten Menschen immer nur für Bewegung begeistern, wenn es ihnen schlecht geht.

Die wenigsten Menschen haben Lust, sich zu bewegen. | Janssen With Me

Einem übergewichtigen Menschen mit einem zufriedenen, erfüllten Leben maße ich mir nicht an, zu sagen: Du musst dich mehr bewegen. Warum, wenn es ihm gut geht? Ich kann aber natürlich sagen: Überleg dir mal, wie möchtest du alt werden? Das ist ein bisschen wie mit der Altersvorsorge – wir legen jeden Monat Geld auf die hohe Kante, um dann im Alter davon zehren zu können. Dieser Betrag tut uns im Moment sicherlich weh, aber wir legen ihn auf die Seite. Und mit Bewegung ist es genauso: Wir investieren drei bis vier Stunden in der Woche, von denen wir dann im Alter profitieren. Auch diese drei, vier Stunden tun weh, dazu haben wir auch nicht unbedingt Bock. Aber wir investieren, zumindest statistisch gesehen, in ein gesundes Leben im Alter.

Bewegung ist also eine langfristige Investition, nicht unbedingt eine Momentaufnahme?

Beides. Wenn ich persönlich mich nicht gut fühle, weil ich den ganzen Tag gesessen habe, dann merke ich auch: Ich muss mich jetzt bewegen. Natürlich muss ich mich dann auch aufraffen, aber was mich motiviert, ist das Wissen, dass es mir nachher besser gehen wird. Gerade auch, wenn wir das Thema Depression aufnehmen, hat Bewegung einen sehr kurzfristigen Effekt.

Sehen Sie Bewegung demnach eher im vorbeugenden oder im therapeutischen Bereich?

Reden wir zunächst über den therapeutischen Aspekt. Wir dürfen sicherlich nicht die dogmatische These aufstellen: Treibe Sport und es geht dir besser. Besonders nicht bei depressiven Patienten, diese brauchen zunächst professionelle Hilfe.

‚Mach Sport und alles wird besser‘, so ist es aber doch häufig zu lesen. Sport scheint ein Allheilmittel zu sein, das Therapiestunden und sogar Psychopharmaka ersetzen kann.

Ja, das kann es auch – aber das ist dann wieder ein religiöser, dogmatischer Ansatz. Vor allen Dingen betrachtet er nicht das Individuum! Also dass es für Einzelne zutrifft, steht außer Frage. Das hängt auch wieder mit der Prägung beim Sport zusammen: Wenn ich viel Sport gemacht habe in meiner Jugend, kann ich vielleicht auch dann wieder darauf zurückgreifen, wenn es mir schlecht geht. Doch wenn jemand keine positive Assoziation mit Sport und Bewegung hat, findet er den Einstieg in den Sport gar nicht.

Ich will einfach nur vermeiden, dass man sagt: „Beweg dich und du wirst gesund.“ Bewegung ist ein Teilaspekt der Therapie und muss individualisiert angepasst werden. Man muss professionell begleitet werden, vor allen Dingen muss Bewegung in einem multidisziplinären und professionellen Team auch als Baustein anerkannt werden. Und letzten Endes geht es ja auch darum zu schauen: Was tut dem Einzelnen gut und was ist sein oder ihr Weg aus der Depression heraus? Welcher Sport tut ihr gut? Ist es ein Mannschaftssport, ist es Einzelsport? Ist es ein hochintensiver oder eher moderater Sport? Ist es vielleicht Sport in der Natur, ist es Sport im Fitnessstudio? Fühle ich mich überhaupt wohl, wenn andere um mich herum auch Sport treiben? Das heißt, es muss bei diesem individualisierten Ansatz zu einer Anamnese kommen, auch im sporttherapeutischen Bereich.

Wenn nun die Anamnese steht – in welcher Weise hilft Sport depressiven Menschen?

Zum einen macht Sport den Kopf frei. Menschen in der Depression stecken häufig auch in einer Grübelspirale, und da ist es durchaus hilfreich, das „Schmerz gegen Schmerz“-Prinzip anzuwenden. - Initiative #GemeinsamGegenDepression

Zum einen macht Sport den Kopf frei. Menschen in der Depression stecken häufig auch in einer Grübelspirale, und da ist es durchaus hilfreich, das „Schmerz gegen Schmerz“-Prinzip anzuwenden. Heißt, sinnbildlich, wenn mir meine Hand weh tut, ramme ich mir ein Messer ins Bein, dann tut mir meine Hand nicht mehr weh. Ich fokussiere also meine Aufmerksamkeit auf einen anderen Punkt. Wenn ich Sport treibe, merke ich auch, das tut meinem Körper weh – ich muss mit mir kämpfen, ich muss mich auf meinen Körper konzentrieren. Und auf einmal treten die rein kognitiven Probleme in den Hintergrund.

Wir wissen aus der Stressforschung, dass Sport und Bewegung zu einer Verschiebung der Aktivität aus dem frontalen Kortex in den motorischen Kortex führt, denn Bewegung ist extrem rechenintensiv und unser Gehirn hat auch nur begrenzt Ressourcen zur Verfügung. Das macht evolutionsbiologisch wieder Sinn: Wenn Sie vor 200 000 Jahren dem Säbelzahntiger begegnet sind, brachte es wenig, sich zu überlegen, hm, was mache ich jetzt? Also schüttet der Körper Stresshormone aus. Die schalten Ihr Denken mehr oder weniger aus, ermöglichen Ihnen aber, alles Blut in die Muskeln zu setzen und abzuhauen. Diesen Mechanismus sehen wir tatsächlich auch neurophysiologisch im Sport, dass es also zu einer Abnahme der Aktivität in den Denkarealen kommt. Und bei depressiven Patienten ist es genauso: Ich muss mich auf etwas anderes fokussieren, nämlich auf meinen Körper. Also denke ich nicht mehr darüber nach, was mich in die Grübelspirale zieht, gleichzeitig baue ich Stresshormone ab. Und so wirkt Sport auf mehreren Ebenen.

Wie oft sollte man sich bewegen, wenn man an einer Depression erkrankt ist?

Auch das ist von Mensch zu Mensch unterschiedlich. In den WHO-Empfehlungen zur körperlichen Gesundheit heißt es: dreimal die Woche 45 Minuten. Ich glaube, hier ist es ganz wichtig zu experimentieren und zu schauen, was tut mir denn gut? Oder vielleicht einmal zu überlegen: Welches sind Symptome, bei denen ich denke, jetzt könnte mir Bewegung gut tun?

Sollte Sport beziehungsweise Bewegung immer in eine multimodale Therapie eingebunden sein?

Im klinischen Setting gibt es einen relativ stringenten Tagesablauf mit festen Zeiten, der wichtig ist. Das haben wir auch in der Corona-Pandemie erlebt, dass ganz viele depressive Menschen in ein Loch gefallen sind, weil ihnen ihr Tagesablauf fehlte. Wenn wir über eine langfristige Verhaltenstherapie reden, vielleicht auch eine postdepressive Therapie, sind wir beim Thema Prävention. Da geht es letzten Endes darum, das Individuum zu befähigen, zu merken: Wann geht es mir schlecht und wie kann ich da gegensteuern?

Stimmt es, dass ich mit Sport aus einer depressiven Episode herauskommen kann?

Da wäre ich sehr, sehr vorsichtig. Das ist dieser Dogmatismus, der dem religiösen Dogma entspricht „Jesus Christus heilt alle deine Probleme“. Für den Einzelnen kann es richtig sein. Dass wir uns nach dem Sport deutlich besser fühlen, ist ja Fakt.

Dieses gute Gefühl nach dem Sport, wie lange hält das eigentlich an?

Etwa eine Stunde, anderthalb Stunden. Wir haben aber noch nicht geforscht, ob es nach drei oder vier Stunden immer noch da ist.

Und wo fängt Bewegung an, damit sich die therapeutische Wirkung entfaltet? Gilt bei einem untrainierten Menschen schon ein Spaziergang durch den Park als „Bewegung“?

Wenn Sie 150 Kilo wiegen und nicht gerade Bodybuilder sind, dann ist ein zügiger Spaziergang schon ganz herausfordernd. Hier können wir zumindest aus körperlicher Dimension auf die Empfehlungen der WHO zurückgreifen. Wir müssen drei- bis viertausend Kilokalorien pro Woche zusätzlich zum Ruheumsatz verbrauchen. Für jemanden, der übergewichtig ist und Gewicht verlieren will, ist das zu wenig, der müsste noch mehr tun. Dann stellt sich wieder die Frage: Was will denn der Einzelne?

Es erfordert ja einige Energie, Turnschuhe anzuziehen und in Bewegung zu kommen. Wie schaffen das depressive Menschen, die mit Antriebslosigkeit zu kämpfen haben?

Genau das ist einer der zentralen Punkte. Wie gesagt, uns allen fällt es schwer, den Hintern hochzukriegen und uns tatsächlich zu bewegen. Wie schwer wird es gerade einem depressiven Patienten fallen, tatsächlich die Motivation aufzubringen, sich zu bewegen! Da helfen letzten Endes zwei Sachen. Zum einen die soziale Komponente, also jemand, der da ist und sagt, wir machen jetzt mal, komm!

... also einen Kompagnon oder eine Begleiterin?

Oder auch ein persönlicher Trainer. Soziale Verabredungen funktionieren häufig ganz gut. Auch das kennen wir: Wenn wir uns zum Joggen mit fünf Leuten verabreden, haben wir eigentlich keine Lust. Wir gehen aber hin, weil wir wissen, die anderen vier warten auf uns. Was natürlich absurd ist, weil die anderen vier auch nur hingehen, weil sie wissen, da warten vier auf mich. Aber trotzdem, dieser soziale Klebstoff ist ganz wichtig. Der zweite Punkt ist tatsächlich die eigene Erfahrung, zu wissen: Mir geht es jetzt schlecht und es ist echt viel Aufwand, die Turnschuhe anzuziehen und mich rauszubewegen. Aber ich weiß, danach geht's wieder. Je früher ich erkenne, dass Sport eine Bewältigungsstrategie ist, umso besser.

Können auch untrainierte Menschen, die vielleicht schon in der Schule jede Lust auf Sport verloren haben, noch in den Genuss dieser positiven Erfahrung kommen?

Ja, es braucht nur seine Zeit. Die Problematik ist nun einmal, dass es erstmal wehtut, sich zu bewegen. Es ist anstrengend. Und letzten Endes ist es ein zusätzlicher Stressor. Dann quält man sich so durch, und erst mit der Zeit – und ich rede hier von Wochen und Monaten – wird man feststellen, das bringt ja was!

Hinzu kommt, dass häufig das Laufen empfohlen wird. Rein physiologisch betrachtet ist Joggen das Beste, was man machen kann, wenn es um Gewichtsverlust geht. Aber vielen Menschen mit einem Gewichtsproblem macht es einfach keinen Spaß zu joggen. Es ist einfach nur entsetzlich anstrengend. Auch hier müssen wir also wieder schauen: Was macht denn dem Einzelnen oder der Einzelnen Spaß? Hat er vielleicht in der Jugend gern Tennis gespielt oder Volleyball? Dann bringe ich ihn in eine Tennis-Gruppe oder eine Volleyball-Gruppe. Mit dem Laufen wird er oder sie nach ein paar Wochen aufhören, weil es einfach keinen Spaß macht, aber Volleyball oder Tennis wird er oder sie vielleicht ihr Leben lang weiterspielen! Und das ist der gesundheitliche Effekt.

Ja, es braucht nur seine Zeit. Die Problematik ist nun einmal, dass es erstmal wehtut, sich zu bewegen. Es ist anstrengend. Und letzten Endes ist es ein zusätzlicher Stressor. - Initiative #GemeinsamGegenDepression

Damit sind wir wieder bei der individuellen Anamnese, richtig?

Ja, da brauchen wir tatsächlich wieder eine individualisierte Anamnese: Was hat man als Kind gern gemacht? Welchen Sport guckt man im Fernsehen gerne? Welcher Sport begeistert mich? Es geht ja immer um Motivation. Ich muss irgendwie im Menschen dieses intrinsische Feuer entfachen, damit er den Hintern hochkriegt und sagt, ich mache das jetzt – und ein bisschen Spaß macht es auch.

Das lässt mich an das schlichte Motto „Find what feels good“ einer bekannten amerikanischen Yogalehrerin denken: Bewegung sollte sich gut anfühlen.

Ich würde den Bogen sogar noch weiter spannen – auch ein Glas Rotwein kann entspannend und gut sein. Oder mal wieder eine Netflix-Serie gucken. Finde heraus, was dir guttut! Das gilt dann auch im Sportbereich. Letztendlich geht es um die Frage, was wollen Sie erreichen? Wollen Sie eine Gewichtsabnahme erzielen, wollen Sie Ihre Konzentrationsfähigkeit steigern? Oder wollen Sie sich ablenken?

Aus Ihrer professionellen Sicht: Wie lautet Ihr Schlussplädoyer für Sport bei Depression?

Eine Sache würde ich gern betonen, die mir zunehmend wichtig wird. Wir trennen ja immer zwischen Körper und Geist. Früher, wenn man Fieber hatte, wurde geschröpft. Erst als die Menschen anfingen, Körper zu obduzieren, hat man verstanden, wie so ein Herz oder wie der Blutdruck funktioniert. Und bei Depressionen sind wir in dem Bereich, wo wir denken: Okay, da ist eine Krankheit. Die können wir nicht sehen, also ist es irgendwas Seelisches, Psychisches. Aber hätten wir die Methodik, genau hinzuschauen, stellen wir irgendwann fest, es ist auch ein körperlicher Defekt! Unser ganzer Körper besteht aus Zellen, die miteinander kommunizieren, und rein physiologisch betrachtet gibt es so etwas wie eine Seele oder eine Psyche überhaupt nicht. Das ist, glaube ich, wichtig für die Therapie – dass wir Menschen nicht abstempeln, sondern einfach klarmachen, da ist irgendwo ein Defekt. Irgendwas funktioniert nicht. Vielleicht ein Dopaminmangel, vielleicht ist das Serotonin-System kaputt, aber es ist nicht irgendein Geist, der da rumschwirrt und die Leute verwirrt macht, sondern es ist eine körperliche Erkrankung. Eine Depression ist genauso physisch wie eine Herz-Kreislauf-Erkrankung: ein Defekt in einem System! Und Bewegung ist einer der Wege, um sich besser zu fühlen.

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