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Was bedeutet das Krankheitsbild systemische "AL-Amyloidose”?

Eine Amyloidose ist eine äußerst komplexe und seltene Erkrankung. Dabei verklumpen fehlgefaltete Proteine (Amyloidablagerungen) und lagern sich im Gewebe und in Organen ab. Dadurch können sie unsere Körperfunktionen negativ beeinflussen.
Aufgrund der vielen unspezifischen Symptome ist eine Amyloidose meist nicht so einfach zu erkennen, gleichwohl ist eine schnelle Behandlung essenziell, um die Organfunktion der Betroffenen wieder zu verbessern.[1]

Um die Erkrankung und ihre Ursache genauer zu verstehen, müssen wir einmal ins Innere unseres Körpers reisen. Unser Körper besteht aus vielen, winzig kleinen Bausteinen – ein Teil davon sind die sogenannten Proteine, die unseren Zellen als Werkzeuge dienen. In der DNA, der Bauanleitung unseres Körpers, ist für jedes Protein eine Information über den jeweiligen Zweck und die Zusammensetzung hinterlegt. Haben die Proteine ihre jeweilige Aufgabe erfüllt, werden sie von unserem Körper wieder abgebaut und neue Proteine können aus ihren Bestandteilen entstehen. Eine Aufgabe der Proteine kann beispielsweise sein, eine Zellbewegung zu ermöglichen oder Signalstoffe zu erkennen. Proteine können dadurch das Wachstum unseres Körpers vorantreiben, aber auch unsere Immunfunktion und die Entstehung von Antikörpern fördern. Die meisten Proteine werden auf eine bestimmte Art und Weise gefaltet, um ihre Funktionen erfüllen zu können. Wenn diese Faltung richtig und nach Bauanleitung abläuft, sind wir gesund und es geht uns gut. Ist das nicht der Fall und ein Protein faltet sich falsch, beeinträchtigt das unsere Körperfunktionen und kann zu Problemen führen. Diese falsch gefalteten, defekten Proteine können steif werden und daraufhin verklumpen - so fangen sie an, sich in verschiedenen Gewebeteilen unseres Körpers abzulagern. Bei einer Amyloidose falten sich somit unsere Proteine nicht auf reguläre Weise. Diese abnormen Proteine nennt man Amyloidfibrillen und es kommt zu Amyloidablagerungen, die unsere Körperfunktionen massiv beeinflussen können. Das Krankheitsbild der Amyloidose kann in verschiedenen Formen auftreten, die häufigste Form ist die AL-Amyloidose.[1]

Was ist eine systemische AL-Amyloidose?

Es handelt sich hierbei um eine Erkrankung des Knochenmarks (=systemisch), bei der “Leichtketten-Proteine” nicht richtig gefaltet werden. Diese Proteinart sind Teile von Antikörpern, die uns vor Infektionen schützen sollen. Daher rührt auch der Name „AL-Amyloidose“, was für „Amyloidose der Leichtketten“ steht.

Wie entsteht eine AL-Amyloidose?

Die Amyloidose gehört zu den seltenen Erkrankungen (englisch: rare diseases) und kann in verschiedenen Formen auftreten. Als seltene Erkrankung betrifft sie weltweit nur 50.000 Menschen jährlich, wobei 85 % der Betroffenen eine AL-Amyloidose entwickeln.[1] Eine AL-Amyloidose kann verschiedene Ursachen haben: Von chronischen Entzündungen, über ein erhöhtes Alter bis hin zu einer genetischen Veranlagung. Letzteres lässt sich mittels eines Gentests herausfinden. Die Erkrankung entsteht im Knochenmark, wo auch weiße und rote Blutkörperchen gebildet werden. Dazu gehören auch unsere Plasmazellen - das sind jene weiße Blutkörperchen, die uns vor Infektionen schützen sollen, indem sie Antikörper gegen mögliche Erreger produzieren. Diese Antikörper wiederum bestehen aus Proteinen, die sich aus schweren und leichten Kettenmolekülen zusammensetzen. Normalerweise produzieren unsere Plasmazellen vollständige und funktionierende Antikörper. Bei einer vorliegenden AL-Amyloidose werden die Leichtketten jedoch fehlgefaltet und sind defekt. In so einem Fall irren die kaputten Leichtkettenmoleküle zunächst im Körper herum und können weder aufgespalten, noch verstoffwechselt werden. Stattdessen verbinden sich die defekten Leichtketten-Moleküle zu einer starren Aneinanderreihung (Amyloid-Fibrillen) und es kommt zu Amyloidablagerungen in Organen und Geweben. Hier stören sie deren Funktion. Je nachdem, wo sich die defekten Leichtketten-Proteine ablagern, entstehen die verschiedenen Symptome der AL-Amyloidose.[1]

Amyloidose Organschäden | Seltene Erkrankungen

Wie wird die Diagnose gestellt?

Amyloidose Diagnostik & Amyloidose Therapie | Seltene Erkrankungen

Die endgültige Diagnose “AL-Amyloidose” zu stellen, ist für den Mediziner oder die Medizinerin eine große Herausforderung und die spezifische Diagnostik gar nicht so einfach. Da die Symptome oftmals sehr vielseitig und unspezifisch und auch anderen Erkrankungen zugeordnet werden können, kann es bis zur Diagnosestellung eine Zeit dauern. Es ist daher nicht ungewöhnlich, wenn Sie als Patient:in mehrere Ärzte und Ärztinnen aufsuchen müssen, bis Sie eine Diagnose erhalten. Für die Diagnostik wird der Arzt oder die Ärztin bei einem Verdacht auf AL-Amyloidose Blut und Urin auf auffällige Eiweißwerte hin untersuchen. Sind diese erhöht, wird er oder sie andere Erkrankungen zunächst ausschließen, bevor eine kleine Gewebsbiopsie durchgeführt wird.

Dieser Eingriff wird unter lokaler Betäubung der Stelle durchgeführt. Bei der Biopsie entnimmt der Arzt oder die Ärztin eine kleine Probe Ihres Gewebes, um diese unter dem Mikroskop zu untersuchen und Amyloid-Ablagerungen nachzuweisen. Diese Probe kann aus unterschiedlichen Geweben z.B. aus dem Bauchfett, der Niere, dem Rektum oder dem Herz entnommen werden. Anschließend betrachtet der Arzt oder die Ärztin das Gewebe unter dem Mikroskop und wendet verschiedene Tests an, z.B. den Kongorot-Test, um die Diagnose zu sichern. Auf diese Weise können ca. 70-80 % der AL-Amyloidosen festgestellt werden.[1]

Welche Symptome treten bei einer AL-Amyloidose auf?

Die Symptome einer AL-Amyloidose können sehr vielfältig sein und auch bei anderen Erkrankungen auftreten. Deshalb suchen viele Patient:innen erst dann medizinischen Rat, wenn die Beschwerden eine längere Zeit anhalten. Allerdings ist es wichtig, bei einer AL-Amyloidose möglichst frühzeitig eine Therapie zu beginnen. Sollten Sie also unter folgenden Symptomen leiden, egal ob phasenweise, abwechselnd oder dauerhaft, sollten Sie Ihren Arzt oder Ihre Ärztin aufsuchen und sich untersuchen lassen:[2][3][4]

  • Müdigkeit
  • Gewichtsverlust
  • Unterernährung
  • Kraftlosigkeit
  • Atemnot
  • Hautveränderungen wie Einblutungen im Gesicht oder Hals
  • Eine vergrößerte Zunge
  • Wassereinlagerungen (Ödeme)
  • Missempfindungen des Körpers, wie bspw. „eingeschlafene“ Beine
  • Nervenerkrankungen ohne eine durch ein Ereignis ausgelöste Verletzung (Neuropathie)
  • Durchfall
  • Verstopfung

Hier finden Sie weitere Symptome nach betroffenen Organen geordnet:[2][5]

  • Einblutungen der Haut im Augenbereich
  • Vergrößerte Zunge
  • Nervenerkrankungen an den Beinen und Füßen
  • Karpaltunnelsyndrom (chronische Druckschädigung eines Nervs im Bereich der Handwurzel)
  • Niedriger Blutdruck beim schnellen Wechseln von einer liegenden/sitzenden Position in eine stehende Position und daraus resultierende Kreislaufprobleme
  • Potenzstörungen
  • Veränderungen in der Aktivität des Verdauungstrakts
  • Herzschwäche mit erhaltener Auswurfleistung: Obwohl der Herzmuskel eigentlich noch kräftig ist, kann er sich nach dem Zusammenziehen nicht mehr vollständig ausdehnen und die Herzkammer füllt sich nicht richtig mit Blut. Dadurch gelangt auch bei normaler Pumpleistung zu wenig Blut in den Körper.
  • Verdickungen an den Wänden der Herzkammern und niedrige Spannungen im EKG
  • Atemnot im Ruhezustand oder bei körperlicher Anstrengung, damit einhergehende Müdigkeit
  • Niedriger Blutdruck und sich häufende Kreislaufkollapse
  • Wassereinlagerungen im Gewebe, z.B. den Beinen
  • Erhöhte Werte der alkalischen Phosphatase (Stoffwechselenzym, das als Indikator für Erkrankungen der Leber und der Gallenwege dient)
  • Vergrößerte Leber
  • Nährstoffmangel durch schlechte Aufnahme im Darm und Gewichtsverlust
  • Blutungen durch einen Mangel an Gerinnungsfaktoren
  • Durchfall
  • Verstopfung
  • Krankhaftes Ausscheiden von Proteinen/Eiweiß über den Urin
  • Nierenversagen
  • Ödeme/Wassereinlagerungen an Armen und Beinen

Wie sieht die Behandlung einer AL-Amyloidose aus?

Amyloidose Diagnose - Besprechung mit Arzt oder Ärztin | Seltene Erkrankungen

Wenn eine AL-Amyloidose den Körper beeinträchtigt, sind meist verschiedene Organe betroffen. Da häufig die Funktion dieser Organe massiv eingeschränkt wird, sollte eine Behandlung möglichst schnell erfolgen, um ein Organversagen zu vermeiden. Als gängige Therapiemaßnahme bei einer AL-Amyloidose galt bisher die Chemotherapie. Diese kann oral (über den Mund z.B. als Tablette) oder intravenös (über die Vene als Infusion) erfolgen. Das Ziel ist es, das Wachstum der Plasmazellen zu stoppen und somit auch die Bildung der falsch gefalteten Proteine (Fibrillen) zu unterbrechen. In einigen Fällen kann eine Chemotherapie mit der Gabe von Kortison (ein Wirkstoff, der vom körpereigenen Kortisol abgeleitet ist und antientzündlich und zellschädigend auf die entarteten Plasmazellen wirkt) kombiniert werden, damit das Immunsystem noch besser reagiert.

Bei einigen Patient:innen kann die Chemotherapie auch mit einer Stammzelltransplantation kombiniert werden. Auf diese Weise wird dafür gesorgt, dass durch die Chemotherapie zunächst alle krankhaften Plasmazellen unschädlich gemacht werden und dann neue, gesunde Zellen im Knochenmark angereichert werden können. Chemotherapie oder Stammzelltransplantation sind allerdings nicht für jeden Patienten oder jede Patientin geeignet, das muss immer mit dem Arzt oder der Ärztin individuell abgestimmt werden.[1]

Eine weitere Behandlungsmöglichkeit bei einer systemischen AL-Amyloidose stellt die sogenannte Antikörper-Therapie dar. Antikörper sind Teil unseres Immunsystems und dienen dem Immunsystem zur Abwehr von körperfremden Substanzen und Krankheitserregern. Das bedeutet, dass Antikörper in einem wesentlichen Maße dazu beitragen, dass wir gesund bleiben. Dank medizinischer Fortschritte können Antikörper mittlerweile so genutzt werden, dass sie auch für die gezielte Behandlung von Krankheiten verwendet werden können.

Es empfiehlt sich grundsätzlich immer, eine AL-Amyloidose-Therapie in enger Absprache mit Ihrem behandelnden Arzt oder Ihrer behandelnden Ärztin durchzuführen - gegebenenfalls in einem spezialisierten Zentrum.

Was muss während der Behandlung beachtet werden?

Damit Sie Ihren Körper bestmöglich bei der Therapie unterstützen, sollten Sie darauf achten, trotz der Strapazen einen gesunden Lebensstil zu pflegen. Dazu gehört sowohl Bewegung im Alltag, als auch eine gesunde Ernährung.[6] Sprechen Sie hierzu mit ihrem Arzt oder Ihrer Ärztin welche Punkte für Sie relevant sind und was Sie selber dafür tun können, um ihren Körper optimal während der Therapie zu unterstützen. Für die mentale Balance empfehlen sich zudem Achtsamkeitsübungen - vielen Patient:innen helfen diese auch beim Umgang mit Nebenwirkungen.[7]

Heilungschancen

Es ist wichtig, die Amyloidose frühzeitig zu erkennen und zu behandeln. Sofern die Amyloidose frühzeitig erkannt wird, gilt sie als behandelbar und je nach Verlauf und Schweregrad der Erkrankung, lässt sich die Organfunktion durch die richtige Therapie wieder verbessern.[1]

Wer ist betroffen?

AL-Amyloidose betrifft tendenziell eher ältere Patienten und mehr Männer, als Frauen | Seltene Erkrankungen

AL-Amyloidose betrifft tendenziell eher ältere Patienten und mehr Männer, als Frauen. Eine AL-Amyloidose ist eine seltene Erkrankung, mit der nur wenig Menschen konfrontiert werden. Betroffen sind insbesondere Menschen mittleren Alters sowie alte Menschen. Rund 5 bis 13 von rund 1 Millionen Einwohnern leiden unter einer AL-Amyloidose, wobei Männer tendenziell häufiger betroffen sind als Frauen.[4] Jüngere Menschen entwickeln diese Erkrankung nur in enorm seltenen Fällen. Da die systemische AL-Amyloidose allerdings äußerst schwierig zu erkennen ist, ist die Dunkelziffer an betroffenen Patienten und Patientinnen mutmaßlich höher.

Als besondere Risikofaktoren für die Entwicklung einer AL-Amyloidose gelten chronische Infektionen oder entzündliche Erkrankungen, ein multiples Myleom (betrifft ca. 10 % der AL-Amyloidose Patient:innen), Nierenerkrankungen, die eine Dialyse erfordern und ein Alter von 50 Jahren oder mehr. [4] Wenn sich eine AL-Amyloidose zeigt, dann betrifft dies meist verschiedene Organe. Die Anzahl der betroffenen Organe hängt dabei von Ihrem individuellen Krankheitsverlauf und dem körperlichen Zustand vor der Erkrankung zusammen.

Die am häufigsten betroffenen Organe sind:[3]

Amyloidose_herz

Bei ca. 74 % der Betroffenen das Herz

Amyloidose_niere

Bei ca. 65 % der Betroffenen die Niere

amyloidose_leber

Bei ca. 20 % der Betroffenen die Leber

amyloidose_nerven

Bei ca. 15 % der Betroffenen die Nerven

Referenzen

Amyloidosis Support Groups: Bewusstsein für Amyloidose; 2013. Online unter: https://www.amyloidosissupport.org/AmyloidAware_German.pdf (zuletzt zugegriffen am 16.08.2021).
Desport E et al. Al amyloidosis. Orphanet J Rare Dis 2012;7(54):1-13.
Dispenzieri A, Merlini G. Immunoglobulin light chain systemic amyloidosis. Cancer Treat Res 2016; 169:273–318.
Onkopedia-Leitlinien: Amyloidose (Leichtketten (AL)-Amyloidose). Online unter: https://www.onkopedia.com/de/onkopedia/guidelines/amyloidose-leichtketten-al-amyloidose/@@guideline/html/index.html (zuletzt zugegriffen am 16.08.2021).
Merlini G et al. Systemic immunoglobulin light chain amyloidosis. Nat Rev Dis Primers 2018; 4(1):38.
Institut für Cardiomyopathie Heidelberg: Die kardiale Amyloidose; 2017. Online unter: https://www.klinikum.uni-heidelberg.de/fileadmin/medizinische_klinik/Abteilung_3/ICH/171011ICH_BR_A5_Amyloidose_Ansicht.pdf (zuletzt zugegriffen am 16.08.2021).
Deutsche Krebsgesellschaft:Stressreduktion durch Achtsamkeit, 2020. Online unter: https://www.krebsgesellschaft.de/onko-internetportal/basis-informationen-krebs/nebenwirkungen-der-therapie/stressreduktion-durch-achtsamkeit.html (zuletzt zugegriffen am 16.08.2021).
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